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بسم الله الرحمن الرحيم
„Hinweis von Kalifat.com: Die Frage und Antwort ist zwar vom 13. Juli 2015, dennoch trägt sie einerseits aufgrund der tiefgründigen Analyse allgemein zu einem besseren politischen Verständnis bei, andererseits bleibt die Thematik aufgrund der anhaltenden syrischen Revolution aktuell.“
Frage:
Der türkische Präsident betonte, dass er jegliche Bevölkerungsveränderung in Syrien zutiefst ablehne. Dies brachte er während seiner Rede beim Fastenbrechen im Präsidentschaftspalast zum Ausdruck. Das Fastenbrechen wurde für die ausländischen Botschafter in Ankara organisiert. Laut „haber7.com“ fand das Essen am Donnerstagabend, dem 9. Juli 2015, statt. In seiner Aussage nahm er Bezug auf seine Stellungnahme vom 26. Juni 2015 in der Zeitung „Anadolu Ajansi“, welche wie folgt lautet:
„Wir werden niemals zulassen, dass ein nord-syrischer Staat entlang unserer südlichen Grenzen entsteht. Wir werden dagegen kämpfen, egal was es uns kostet.“ Außerdem sagte er: „Was in Syrien und im Irak gerade geschieht, ist der Versuch einer Neuauflage des Sykes-Picot-Abkommens in der Region, um dort eine öffentliche Meinung gegen die Türkei zu kreieren.“
Daraufhin folgten Presseberichte, dass die Türkei weitere Schritte eingeleitet habe, um die Abwehr des Landes zu stärken.
Die Frage lautet: „Was sind die wahren Hintergründe der Geschehnisse? Wird das türkische Militär wirklich im Norden Syriens intervenieren? Oder stecken andere Ziele dahinter? Und was ist Amerikas wahre Position bezüglich einer militärischen Intervention?
Antwort:
Auf folgende Sachverhalte wird Bezug genommen, um Klarheit in der Thematik zu schaffen:
1) Der türkische Präsident erklärte: „Wir werden niemals zulassen, dass ein nord-syrischer Staat entlang unserer südlichen Grenzen entsteht. Wir werden dagegen kämpfen, egal was es uns kostet.“ Und er sagte: „Was in Syrien und im Irak gerade geschieht, ist der Versuch einer Neuauflage des Sykes-Picot-Abkommens in der Region, um dort eine öffentliche Meinung gegen die Türkei zu kreieren.“ (Anadolu Ajansi, 26.06.2015)
Daraufhin sagte der Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am 2. Juli 2015 im TV- Sender Kanal 7: „Wir haben Maßnahmen zum Schutz der Grenzen eingeleitet, und wenn sich dort die Umstände so verändern, dass die Sicherheit des Landes gefährdet wird, existieren schon Befehle zur Mobilisierung.“ Er fügte noch hinzu: „Es ist notwendig, dass niemand annimmt, die Türkei würde morgen oder in naher Zukunft dort intervenieren.“
Er wiederholte am 3. Juli 2015 etwas Ähnliches in einem Interview mit dem TV-Sender Kon TV: „Es ist nicht richtig, eine sofortige Intervention der Türkei in Syrien zu erwarten. Nichtsdestotrotz ist die Türkei jederzeit bereit, wenn es zu irgendeiner Bedrohung von syrischer Seite kommt. Wir verfolgen alle Entwicklungen ganz sorgfältig.“ Er sagte auch: „Dies ist so, damit es keinem in den Sinn kommt, dass wir leichtsinnig in etwas hinein gezogen werden.
2) Die Aussagen wurden so getätigt, dass sie bei gewissen Anlässen die Aussicht auf eine Intervention erhöhen, aber zu anderen Zeitpunkten eine Intervention weit in die Ferne rücken lassen. Es folgte eine widersprüchliche Behauptung nach der anderen. Die türkische Zeitung „Hurriyet“ veröffentlichte am 5. Juli 2015 Folgendes:
„Der Stabschef der bewaffneten Streitkräfte rief die Kommandeure an den Grenzen und die Kommandeure der Kommandotruppen in Bolu und Kayseri zurück, um eine potentielle Operation wegen den letzten Entwicklungen entlang der türkisch-syrischen Grenze zu prüfen.“
Allerdings verneinte der Stabschef diese Nachrichten am 6. Juli 2015 laut der „Anadolu Ajansi“, die sich auf militärische Quellen beruft: „Die Behauptung, dass die Kommandeure an den Grenzen und Kommandotruppen wegen den letzten Entwicklungen in Syrien zur Kommandozentrale berufen wurden, entspricht nicht der Wahrheit, es wurde auch kein Treffen diesbezüglich einberufen und Pläne im Hinblick darauf gibt es nicht.“
3) Diese widersprüchlichen Aussagen wurden von militärischen Bewegungen begleitet. Die Medien berichteten über eine türkische Mobilisierung entlang der syrischen Grenze und darüber, dass die Türkei mehr als 400 bewaffnete Soldaten zusätzlich zur Luftwaffe losgeschickt habe, um eine derartige Intervention zu unterstützen.
In Folge der Eskalation der Kämpfe im Norden von Aleppo wurde auch berichtet, dass rund 45.000 Soldaten entlang der kompletten syrischen Grenze verteilt und ihre Abwehrkapazitäten durch die zusätzliche Stationierung von Panzern und Luftabwehrraketen verstärkt worden seien.
Dies ist nur ein Ausschnitt aus der Fülle massiv überspitzter Nachrichten, die durch einige Nachrichtenkanäle aufgebauscht wurden. So begannen einige Nachrichtenkanäle Nachrichten zu enthüllen, die vielleicht sogar von politischen Parteien vorbereitet wurden. Die Zeitung „Yeni Safak“ berichtete am 28. Juni 2015 Folgendes:
„Die türkischen Stabschefs haben einen Militärplan entwickelt, um in Syrien mit dem Ziel zu intervenieren, die Entstehung eines kurdischen Staates im Norden Syriens zu verhindern. Der Plan beinhaltet eine 28-33 km breite Pufferzone von Sarikamiş bis Oncupinar, die eine Länge von 110 km umfassen soll. Außerdem sieht der Plan die Stationierung von 18.000 Soldaten in Syrien für eine Zeitspanne von 2 Jahren vor, aber erst, nachdem sie Unterstützung von der Internationalen Staatengemeinschaft erhalten haben. Sollte man zu keiner internationalen Einigung gelangen, so wird eine Pufferzone in Syrien gemäß dem Vorgehen Israels im Südlibanon errichtet.“
4) Für denjenigen, der diese Nachrichten und andere ähnliche Nachrichten genauer untersucht, wird es offensichtlich. Es geht mehr um interne Interessen, als um das Interesse einer aktuellen Intervention. Dies ergibt sich aus folgenden Gründen:
A – Die türkische Regierung hat ihre derzeitigen militärischen Vorbereitungen mit dem Vormarsch der Kurden im Norden Syriens begründet. Allerdings trägt die türkische Regierung ihren Anteil an diesem Vormarsch, denn sie hat den Peschmerga erlaubt, über türkisches Gebiet in Kobane einzumarschieren, um die syrischen Kurden im Kampf um Kobane zu unterstützen.
In Tal Abjad war die Situation genauso. Am 4. Juli 2015 berichtete ein Journalist der Zeitung Habertürk, welcher sich mit einem wichtigen türkischen Regierungsbeamten traf, folgendes:
„Wir und eine Gruppe von Journalisten trafen gestern einen ranghohen türkischen Regierungsbeamten. Der Regierungsbeamte hat bestätigt, dass die türkische Regierung die kurdische Partei PYD auf keinen Fall im Visier habe. Er wies auch darauf hin, dass die Möglichkeit bestehe, dass die PYD das Gebiet zwischen Afrin und Kobane unter ihre Kontrolle bringe. Und anders ausgedrückt ist derzeit die Formierung eines kurdischen Korridors an der türkischen Grenze nicht auf der Tagesordnung. Außerdem sagte er, dass die Tatsache, dass die PYD die Kontrolle über das Gebiet Tal Abjad errungen hat, im Interesse der Türkei ist, aber wenn die Partei die Region, welche sie dominiert, als erobertes Gebiet ansieht, so würde dies mittel-und langfristig für große Probleme und Auseinandersetzungen in der Region sorgen.“
Also ist die Beziehung zwischen der türkischen Regierung und den Kurden im Norden Syriens nicht so angespannt, dass es zu einer baldigen kriegerischen Auseinandersetzung kommt.
B – Amerika hat bis jetzt noch keine Entscheidung im Hinblick auf eine militärische Intervention auf syrischem Boden getroffen.
Amerika ist immer noch auf der Suche nach einem Ersatz für ihren aktuellen Agenten Assad. Die aufrichtigen Menschen in Syrien haben bis heute die Bemühungen Amerikas zum Scheitern gebracht. Wir beten zu Allah, dass ihre Bemühungen weiterhin erfolglos bleiben. Tatsache ist, dass das Getue von Erdogan und der Regierung nichts als leeres Gerede ist, es sei denn, Amerika sendet seine Zustimmung oder Anordnung aus.
Dafür gibt es unzählige Beweise:
Die türkische Regierung hat unzählige Male nach einer Errichtung einer sicheren oder geschützten Zone in Syrien verlangt. Amerika lehnte eine solche Zone allerdings ab. Im Oktober 2014 hat Davutoglu erwähnt, dass die Bildung einer 6,4 km breiten Pufferzone entlang der türkisch-syrischen Grenze möglich sei. Die Zone solle von Latakia bis Hasseke gehen. Die Länge betrage 720 km und die Tiefe 70 km, dies entspräche ca. einem Drittel von Syrien. Amerika lehnte dies ebenso ab und folglich wurde diese Zone nicht verwirklicht.
In letzter Zeit wurde spekuliert, dass die Türkei sichere Gebiete in Form von Kesseln zu suchen pflegt, wobei sich der erste Kessel von Jarablus bis Kobane erstrecke. Örtlichen Nachrichten zufolge suche Erdogan nach Möglichkeiten zur Errichtung einer Pufferzone, denn die PYD hat Einfluss auf einige Gebiete an der Grenze zur Türkei gewonnen. Der Pressesprecher des Weißen Hauses John Kerry antwortete darauf Folgendes: „Das Pentagon und das amerikanische Militär sieht die Bildung einer Pufferzone im Moment nicht für notwendig an. Außerdem würde die Anwendung einer Pufferzone Schwierigkeiten mit sich bringen. Dennoch verstehen wir die Besorgnis der Türken.“ (Reuters 30.06.2015)
Die türkische Regierung hat ihre Verlegenheit aufgrund der Ablehnung seitens der USA mit folgenden Worten zu vertuschen versucht: Am 30. Juni 2015 sagte der Sprecher des Präsidenten Ibrahim Kalin Folgendes: „Unsere Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze als „die Türkei zieht in den Krieg“ zu betiteln, ist unvernünftig. Wir haben niemals „Pufferzone“ gesagt. Eher benutzten wir die Worte „sichere Flugverbotszone“. Eine sichere Zone muss gebildet werden.“ (Anadolu Ajansi, 30.06.2015)
Eine sichere Zone oder Pufferzone konnte bis heute nicht gebildet werden, weil die Türkei keine Erlaubnis von Amerika erhalten hat!
Erdogan sagte, er würde kein „zweites Hama“ dulden. Und wieder ist viel Zeit verstrichen, ohne dass Handlungen folgten. Die Worte sind schon fast in Vergessenheit geraten. Wohingegen das kriminelle Assad-Regime in jeder Stadt und Provinzhauptstadt ein zweites, drittes und viertes Hama-Massaker verübt hat. Das kriminelle Regime führt seine Gräueltaten fort, indem es grünes Licht von Amerika, die Unterstützung von Russland und direkte Hilfe vom Iran und seiner Partei im Libanon erhält. Trotz allen Geschehnissen hat Erdogan und seine Regierung bis jetzt nichts unternommen. Erdogans Wille ist dem Willen Amerikas, der Erdogans Bekundungen keine Erlaubnis erteilt hat, unterworfen. Das Einzige, was übrig geblieben ist, sind Staubwolken, im Wind verstreut.
Wo sind die Staubwolken, die durch die Kämpfer Allahs aufgewirbelt wurden? Kämpfer, die für Allahs Wohlgefallen losritten, um das Heldentum von Mutasim zum Leben zu erwecken? Wo ist unser Befreier von Istanbul?
5) Bezüglich der Stationierung des türkischen Militärs an der syrisch-türkischen Grenze kann gesagt werden, dass derzeit eine Intervention in Syrien nicht beabsichtigt wird, es sei denn, Amerikas Interessen ordnen dies an. Die überwiegende Meinung ist, dass die Stationierung des Militärs an der Grenze dazu dient, die Volksmeinung zu beeinflussen bzw. das Volk zu beruhigen.
Aufgrund folgender Hinweise kann dies belegt werden:
a) Die oben erwähnten Aussagen des türkischen Premierministers, die klar und deutlich aufzeigen, dass die Türkei keine Intervention in Syrien beabsichtigt, sondern sie vielmehr eine Intervention als leichtsinnig betrachtet. Gleichwohl sind sie bereit, jeder potentiellen Gefahr aus Syrien entgegenzutreten. Das bedeutet also, dass die Türkei lediglich seine eigenen Grenzen schützen und nicht in die Grenzen von Sykes-Picot eindringen will. Vielmehr sollen diese Grenzen geschützt werden, so wie es von Erdogan erwähnt wurde.
b) Es gibt viele Stimmen in der Türkei, die mittlerweile ihre Sorgen über die Entstehung eines möglichen kurdischen Staates in Syrien zum Ausdruck bringen. Laut dieser besorgten Stimmen könne die PKK wieder dazu ermutigt werden, militärisch gegen die Türkei vorzugehen. Die PKK hat seit März 2013 ihre militärischen Operationen gegen die Türkei eingestellt, weil ihr Anführer Öcalan einen Aufruf aus dem Gefängnis heraus getätigt hat. Darin forderte er, dass sich seine bewaffneten Kräfte aus der Türkei zurückziehen sollen, um Friedensgespräche beginnen zu können. Insofern konnte die Stationierung des türkischen Militärs an den Grenzen die öffentliche Meinung beruhigen.
c) Nachdem Erdogan bei den Parlamentswahlen sehr viele Stimmen verlor und die kritischen Oppositionsstimmen bezüglich seiner zwiespältigen Haltung in der Syrienfrage zunahmen, gab er vor, dass die Türkei besorgt um ihre Sicherheit sei und trotzdem stark bleibe. Des Weiteren war die Möglichkeit, dass Davutoglu es nicht schaffe, eine Koalition innerhalb der festgesetzten Frist zu bilden, ein zusätzlicher Grund für Erdogans Vorgehen. Dadurch erhofften Erdogan und die Regierung, die Gunst der Wähler zurückzugewinnen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die militärische Stationierung primär zum Ziel hat, die öffentliche Meinung zu gewinnen und das Volk zu beruhigen.
Wenn die Stationierung des türkischen Militärs in Syrien aber einen Nutzen für Amerika darstellen würde, dann käme es tatsächlich zu einer Intervention.
Möge Allah (swt) die Pläne von Amerika und seinen Agenten zum Scheitern bringen, sodass sie aus alldem keinen Nutzen ziehen.
26. Ramadan 1436 n. H.
13. Juli 2015 n. Chr.