- |
بسم الله الرحمن الرحيم
Antwort auf eine Frage
Die zakāt und die Schulden des Vater und des Sohnes
Frage:
As-salāmu ʿalaikum wa raḥmatullāhi wa barakātuh. Unser ehrenwerter Scheich, meine wärmsten Grüße an dich!
Ich habe eine Frage bezüglich zakāt und Schulden und hoffe, dass du die Zeit findest, mir meine Frage zu beantworten:
Mein Vater hat viele Schulden. Heute ist es zur Gewohnheit geworden, dass man zwischen dem Vermögen bzw. den Schulden, die der Vater oder der Sohn hat, nicht unterscheidet. Das bedeutet, dass seine Schulden automatisch die meinigen sind. Beide müssen wir daran arbeiten, sie zu begleichen. Wie sieht jedoch die Realität dessen im islamischen Recht aus, insbesondere hinsichtlich der zakāt auf das Vermögen? Gilt die Schuld nur für meinen Vater, sodass nur er keine zakāt zu entrichten hat, oder sind ich und er diesbezüglich gleichgestellt?
Möge Allah (t) dich segnen und schützen. Von vielen der Schabab in Deutschland sende ich dir die besten Grüße.
Antwort:
Wa ʿalaikum as-salām wa raḥmatullāhi wa barakātuh!
1. Aus islamrechtlicher Sicht ist das Vermögen des Vaters nicht das des Sohnes. Auch die Schuld des Vaters ist nicht mit der des Sohnes gleichzusetzen. So hat es das islamische Recht sowohl dem Vater als auch dem Sohn erlaubt, jeweils über ihr eigenes Vermögen zu verfügen. An das Vermögen des Vaters hat das islamische Recht Ansprüche und Pflichten geknüpft, und zwar abgesehen von den Vermögensverhältnissen des Sohnes. In gleicher Weise hat es an das Vermögen des Sohnes Ansprüche und Pflichten geknüpft, die abgesehen von den Vermögensverhältnissen des Vaters gelten, da jeder seine eigene, unabhängige Verbindlichkeit hat. Zum Beispiel hat das islamische Recht dem Vater vorgeschrieben, die zakāt auf sein Vermögen zu entrichten, sobald dieses den Schwellenwert (niṣāb) erreicht hat und ein Mondjahr (ḥaul) darauf verstrichen ist, und zwar ganz abgesehen vom Vermögen seines Sohnes. Für den Sohn schrieb es dasselbe vor. Dem Sohn erlaubte es z. B., Vermögensgüter als Gegenleistung für den von ihm erbrachten Arbeitseinsatz zu erwerben, und zwar ungeachtet der Vermögensverhältnisse seines Vaters. Somit gilt, dass jeder Einzelne im Islam seine eigene finanzielle Verbindlichkeit gemäß den islamischen Rechtsprüchen hat.
2. Zu den Belegen, dass das Vermögen des Sohnes nicht das des Vaters ist, und das Vermögen des Vaters nicht das des Sohnes, zählen die folgenden:
a) Der Sohn erbt nicht das gesamte Vermögen des Vaters, vielmehr teilt er sich dieses mit anderen. Ebenso erbt der Vater nicht das ganze Vermögen des Sohnes, sondern muss es sich mit anderen teilen. Der Erhabene sagt:
{يُوصِيكُمُ اللهُ فِي أَوْلَادِكُمْ لِلذَّكَرِ مِثْلُ حَظِّ الْأُنْثَيَيْنِ}
Allah schreibt euch hinsichtlich eurer Kinder vor: Auf eines männlichen Geschlechts kommt gleichviel wie auf zwei weiblichen Geschlechts. (4:11) Danach sagt Er:
{وَلِأَبَوَيْهِ لِكُلِّ وَاحِدٍ مِنْهُمَا السُّدُسُ مِمَّا تَرَكَ}
Und seinen Eltern fällt jedem von ihnen das Sechstel zu. (4:11) Damit ließ Allah (t) außer den Kindern noch andere Personen zusammen mit dem Vater am Erbe des Sohnes teilhaben. Würde das Vermögen zu Lebzeiten des Sohnes tatsächlich dem Vater gehören, wäre es unmöglich, dass nach dessen Tod ein Teil davon anderen zufällt. Im o. a. Erbschafts-Vers sagt der Erhabene zudem:
{وَلِأَبَوَيْهِ لِكُلِّ وَاحِدٍ مِنْهُمَا السُّدُسُ}
Und seinen Eltern fällt jedem von ihnen das Sechstel zu. (4:11) Der Mutter hat Er also mit dem Tod des Sohnes einen Teil des Erbes zugesprochen. Wenn dieses Vermögen wirklich dem Vater gehörte, wäre es unmöglich, dass ihr mit dem Tod ihres Sohnes ein Teil davon unter Ausschluss des Vaters zugesprochen wird.
b) Vor Aufteilung der Erbschaft hat der Vater bzw. der Sohn das Recht, ein Testament zu verfügen. Dieses wird ungeachtet dessen angewendet, ob der Sohn bzw. der Vater damit einverstanden ist oder nicht. Auch werden vor Aufteilung der Erbschaft etwaige Schulden getilgt. Das belegt, dass es sich bei der Verlassenschaft des Toten um sein Vermögen handelt, nicht um das seines Vaters oder seines Sohnes. Der Erhabene sagt:
{مِنْ بَعْدِ وَصِيَّةٍ يُوصِي بِهَا أَوْ دَيْنٍ}
Nach einem Testament, das er verfügt hat, oder (der Tilgung) einer Schuld. (4:11) Wenn das Vermögen wirklich seinem Vater gehörte, wäre es unmöglich, unter Ausschluss des Vaters daraus seine Schulden zu tilgen. Auch wäre es unzulässig, aus dem Vermögen, das eigentlich seinem Vater gehört, ohne dessen Einverständnis ein Testament zu verfügen.
c) Im Hadith über das Opfertier, den Aḥmad in seinem „Musnad“ in geschlossener Kette von ʿAbdullāh ibn ʿAmr tradiert, heißt es:
أَتَى رَجُلٌ رَسُولَ اللَّهِe ، فَقَالَ: "أَقْرِئْنِي يَا رَسُولَ اللَّه... وَالَّذِي بَعَثَكَ بِالْحَقِّ، لَا أَزِيدُ عَلَيْهَا أَبَدًا، ثُمَّ أَدْبَرَ الرَّجُلُ فَقَالَ رَسُولُ اللَّهِe : أَفْلَحَ الرُّوَيْجِلُ، أَفْلَحَ الرُّوَيْجِلُ» ثُمَّ قَالَ: عَلَيَّ بِهِ، فَجَاءَهُ، فَقَالَ لَهُ: «أُمِرْتُ بِيَوْمِ الْأَضْحَى، جَعَلَهُ اللَّهُ عِيدًا لِهَذِهِ الْأُمَّةِ»، فَقَالَ الرَّجُلُ: أَرَأَيْتَ إِنْ لَمْ أَجِدْ إِلَّا مَنِيحَةَ ابْنِي، أَفَأُضَحِّي بِهَا؟ قَالَ: «لَا، وَلَكِنْ تَأْخُذُ مِنْ شَعْرِكَ، وَتُقَلِّمُ أَظْفَارَكَ، وَتَقُصُّ شَارِبَكَ، وَتَحْلِقُ عَانَتَكَ، فَذَلِكَ تَمَامُ أُضْحِيَّتِكَ عِنْدَ اللَّهِ»
Ein Mann kam zum Gesandten Allah (s) und sprach: „O Gesandter Allahs, trage mir (den Koran) vor. (...) „Bei Dem, Der dich mit der Wahrheit entsandte, niemals werde ich mehr als diese (Sure) rezitieren.“ Der Mann entfernte sich daraufhin, und der Gesandte (s) sprach: „Erfolgreich wird das Männlein sein, erfolgreich wird das Männlein sein!“ Dann sagte er (s): „Bringt ihn wieder her!“ Der Mann kam zurück und der Prophet (s) sprach zu ihm: „Mir ist der Tag des Opfertiers anbefohlen worden, Allah hat ihn für diese Umma zum Festtag gemacht.“ Der Mann sprach: „Wenn ich aber nur das Tier meines Sohnes habe, das dieser mir zur Verfügung stellt, soll ich es dann ebenfalls opfern?“ Der Prophet antwortete: „Nein, sondern schneide deine Haare, kürze deine Nägel, stutze deinen Schnurrbart und rasiere deine Schamhaare. Dies ist deine vollendete Opfergabe bei Allah.“ Ähnliches tradiert Abū Dāwūd in geschlossener Kette. Entsprechendes wird auch im Buch „Šarḥ maʿānī al-āṯār“ tradiert. Ebenso tradiert ad-Dāraquṭnī den Hadith in seinem Werk „as-Sunan“ in folgendem Wortlaut:
فَقَالَ الرَّجُلُ: فَإِنْ لَمْ أَجِدْ إِلَّا مَنِيحَةَ أَبِي أَوْ شَاةَ أَبِي وَأَهْلِي وَمَنِيحَتَهُمْ أَذْبَحُهَا؟، قَالَ: «لَا وَلَكِنْ قَلِّمْ أَظْفَارَكَ وَقُصَّ شَارِبَكَ وَاحْلِقَ عَانَتَكَ فَذَلِكَ تَمَامُ أُضْحِيَّتِكَ عِنْدَ اللَّهِ»
Da sprach der Mann: „Wenn ich aber nur das Tier habe, das mir mein Vater zur Verfügung stellt, bzw. das Schaf meines Vaters und meiner Familie, das diese mir zur Verfügung stellen, soll ich es dann ebenfalls schlachten?“ Und der Prophet (s) antwortete: „Nein, sondern kürze deine Nägel, stutze deinen Schnurrbart und rasiere deine Schamhaare. Dies ist deine vollendete Opfergabe bei Allah.“
Nachdem der Gesandte (s) es nicht zuließ, dass der Vater das Tier seines Sohnes opfert bzw. der Sohn das Tier seines Vaters, so bedeutet das, dass das Vermögen des Vaters nicht das des Sohnes ist.
d) Im Werk „Mawāhib al-ğalīl fī šarḥ muḫtaṣar Ḫalīl“ (2/505) wird vom Verfasser Šams ad-Dīn Abū ʿAbdillāh ibn Muḥammad ibn Muḥammad ibn ʿAbd ar-Raḥmān aṭ-Ṭarabulsī al-Maġribī, bekannt als al-Ḥaṭṭāb ar-Ruʿainī al-Mālikī (gest. 954 n. H.) ausgeführt:
Neuntens: Wenn er (der Tote, Anm.) eine Schuld hat, so hat deren Begleichung Priorität gegenüber dem Vollzug der Pilgerfahrt für ihn. Darüber herrscht keinerlei Meinungsdivergenz. Dies im Unterschied zu den Schulden seines Vaters. So wird der Vollzug der Pilgerfahrt für den Toten deren Begleichung vorgezogen. Das gilt ungeachtet dessen, ob man sagt, die Pilgerfahrt sei sofort zu vollziehen, oder, sie könne verschoben werden. Auch gilt dies ungeachtet des Umstandes, ob die Schuld sofort oder erst nach einer Frist fällig ist. Dies erwähnt der Verfasser des Werks „aṭ-Ṭirāz“, Zitat: „Wenn er eine Schuld hat und über Vermögen verfügt, so ist die Schuld aus seinem Vermögen eher zu begleichen als der Vollzug der Pilgerfahr für ihn. Das sagt Mālik, wie es im Werk „al-Mauwāzīya“ von ihm berichtet wird: Man fragte ihn: ‚Wenn sein Vater eine Schuld hat, soll er dann eher die Schuld seines Vaters begleichen oder die Pilgerfahrt vollziehen?‘ Mālik antwortete: ‚Vielmehr soll er die Pilgerfahrt vollziehen.‘ Dies ist offenkundig, denn die Pilgerfahrt ist seine persönliche Schuld, ungeachtet dessen, ob sie sofort zu vollziehen ist oder aufgeschoben werden kann. Hingegen stellt die Schuld seines Vaters für ihn keine Verbindlichkeit dar, weder sofort noch zu einem bestimmten Termin. Und die Erfüllung einer Pflicht hat Vorrang gegenüber dem, was nicht verpflichtend ist.
3. Die Hadith-Aussage Du und dein Vermögen gehören deinem Vater ist folgendermaßen zu verstehen:
Im Werk „Šarḥ muškal al-āṯār“ wird ausgeführt: Von Ğābir ibn ʿAbdillāh wird berichtet:
أَنَّ رَجُلًا جَاءَ إلَى رَسُولِ اللهِ e ، فَقَالَ: إنَّ لِي مَالًا وَعِيَالًا، وَإِنَّ لِأَبِي مَالًا وَعِيَالًا، وَإِنَّهُ يُرِيدُ أَنْ يَأْخُذَ مَالِي إلَى مَالِهِ، فَقَالَ رَسُولُ اللهِ e: «أَنْتَ وَمَالُكَ لِأَبِيكَ»
Ein Mann kam zum Gesandten Allahs (s) und sagte: „Ich habe Vermögen und Kinder und mein Vater ebenso. Nun möchte er mein Vermögen nehmen und auf seines legen.“ Da sprach der Gesandte Allahs (s): „Du und dein Vermögen gehören deinem Vater.“ Ich fragte ibn Abī ʿImrān danach und er sagte: „Seine (s) Aussage im Hadith
«أَنْتَ وَمَالُكَ لِأَبِيكَ»
Du und dein Vermögen gehören deinem Vater gleicht der Aussage Abū Bakrs, als dieser zum Propheten (s) sprach:
إنَّمَا أَنَا وَمَالِي لَكَ يَا رَسُولَ اللهِ
„Wahrlich, ich und mein Vermögen gehören allein dir, o Gesandter Allahs.“ Dies war die Antwort Abū Bakrs auf den Ausspruch des Gesandten Allahs (s):
«مَا نَفَعَنِي مَالٌ مَا نَفَعَنِي مَالُ أَبِي بَكْرٍ»
Kein Vermögen hat mir so genützt wie das Vermögen Abū Bakrs.“ Er meint damit den Hadith von Abū Huraira, in dem es heißt: Es sprach der Gesandte Allahs (s):
«مَا نَفَعَنِي مَالٌ قَطُّ مَا نَفَعَنِي مَالُ أَبِي بَكْرٍ»
Kein Vermögen hat mir je so genützt wie das Vermögen Abū Bakrs.“ Da sagte Abū Bakr (r): „Wahrlich, ich und mein Vermögen gehören allein dir, o Gesandter Allahs.“ Abū Bakr meinte mit seiner Aussage, dass die Entscheidungen und das Vorgehen des Gesandten Allahs ihn selbst und sein Vermögen betreffend in gleicher Weise rechtswirksam seien wie es für den Vermögenseigentümer selbst gilt. Genauso ist auch die Antwort des Gesandten Allahs (s) auf die Frage des Mannes im o. a. Hadith zu verstehen. Und Allah (t) weiß es besser.
Auch tradiert ibn Ḥibbān in seinem „Ṣaḥīḥ“-Werk in geschlossener Kette Folgendes: Von ʿĀʾiša (r) wird berichtet,
أَنَّ رَجُلًا أَتَى رَسُولَ اللَّهِ eيُخَاصِمُ أَبَاهُ فِي دَيْنٍ عَلَيْهِ فقَالَ نَبِيُّ اللَّهِ:«أنت ومالك لأبيك»
dass ein Mann zum Gesandten Allahs (s) kam, der mit seinem Vater über eine Schuld stritt, die dieser zu begleichen hatte. Da sprach der Prophet (s): „Du und dein Vermögen gehören deinem Vater. (Anta wa māluka li-abīk)“ Abū Ḥātim führt dazu aus: Der Hadith ist so zu verstehen, dass der Gesandte (s) den Mann dafür tadelte, dass dieser seinen Vater so behandelt, wie er Fremde behandeln würde. Er befahl ihm, in Wort und Tat gütig zu seinem Vater zu sein, und zwar in dem Maße, dass er ihm sogar sein Vermögen zur Verfügung stellen sollte. Und so sagte er (s) zu ihm:
«أنت ومالك لأبيك»
Du und dein Vermögen gehören deinem Vater. Das bedeutet aber nicht, dass der Vater das Vermögen des Sohnes zu dessen Lebzeiten ohne dessen wohlwollende Zustimmung besitzen würde. Ibn Raslān erklärte dazu: Das Partikel „li“ (in der Formulierung des Propheten: Anta wa māluka li-abīk) bezeichnet hier die Erlaubnis, nicht die tatsächliche Eigentumsübertragung. So gehört das Vermögen des Sohnes diesem selbst, er muss darauf die zakāt entrichten und wird darin beerbt.
4. Demzufolge hast du auf dein Vermögen die zakāt zu entrichten, wie auch dein Vater auf sein Vermögen die zakāt zu entrichten hat, wenn dieses den Schwellenwert (niṣāb) erreicht und ein Jahr darauf verstrichen ist. Dies für den Fall, dass er keine Schuld zu begleichen hat. Hat er eine Schuld, so soll er die zakāt auf den Rest seines Vermögens entrichten, nachdem die Schuld getilgt wurde, und zwar dann, wenn der Rest den Schwellenwert überschreitet. Denn die Rechtsmeinung, die für uns überwiegt, ist die, dass eine Schuld die zakāt-Entrichtung verhindert, wenn sie in der Höhe des Vermögens liegt oder dieses unter den Schwellenwert (niṣāb) drückt. In unserem Buch „Die Finanzen im Staate des Kalifats“ führen wir bei der Behandlung des Themas zakāt bei Schulden Folgendes aus:
Wer Vermögen besitzt, das den niṣāb erreicht und die Jahresfrist darauf verstrichen ist, er aber Schulden hat, die in Höhe des niṣāb liegen oder der Rest des Vermögens nach Begleichung der Schuld unter dem niṣāb-Wert liegt, so hat er keine zakāt zu entrichten. Beispiel dafür ist der Fall, wenn jemand Tausend Dinar besitzt, gleichzeitig aber eine Schuld von Tausend Dinar hat. Oder er besitzt vierzig Dinar in Gold und hat eine Schuld von dreißig Dinar. In solchen Fällen hat er keine zakāt zu entrichten, weil er nicht über das Mindestvermögen bzw. über den Schwellenwert verfügt. Nāfiʿ berichtet von ibn ʿUmar, der sagte: Es sprach der Gesandte Allahs (s):
«إذا كان لرجل ألف درهم، وعليه ألف درهم، فلا زكاة عليه»
Wenn jemand Tausend Dirham besitzt und Tausend Dirham Schulden hat, so fällt keine zakāt für ihn an. Den Hadith erwähnt ibn Qudāma im Werk „al-Muġnī“.
Erreicht hingegen das Restvermögen nach Abzug der Schuld den niṣāb, dann hat man darauf die zakāt zu entrichten. So berichtet Abū ʿUbaid von as-Sāʾib ibn Yazīd, der sagte: Ich hörte, wie ʿUṯmān ibn ʿAffān sprach: „Dies ist der Monat eurer zakāt. Wer eine Schuld hat, der soll sie begleichen, damit ihr die zakāt auf euer Vermögen entrichten könnt.“ Ibn Qudāma erwähnt den Bericht im „al-Muġnī“ in folgendem Wortlaut: „Wer eine Schuld hat, der soll sie begleichen und auf sein restliches Vermögen die zakāt entrichten.“ʿUṯmān sagte das in Gegenwart der Prophetengefährten, die es nicht anprangerten. Damit ist ihre Übereinstimmung belegt. Ende des Zitats aus dem Buch „Die Finanzen im Staate des Kalifats“.
Demzufolge gilt: Wenn der Vater des Fragestellers einen Vermögensbetrag besitzt, der den Schwellenwert erreicht und ein Jahr darauf verstrichen ist, der Vater aber gleichzeitig Schulden hat, so werden die Schulden von seinem Vermögen abgezogen. Liegen die Schulden in Höhe des ganzen Vermögens oder bleibt ein Rest übrig, der unter dem Schwellenwert liegt, so hat der Vater keine zakāt zu entrichten. Bleibt von seinem Vermögen ein Rest übrig, der den Schwellenwert übersteigt, so hat er auf den Rest des Vermögens die zakāt zu entrichten, nachdem die Schuld davon abgezogen wurde.
Was die Kinder des Schuldners (Vaters) anlangt, so ist die Schuld nicht an ihrer Verantwortlichkeit geknüpft, wie aus der Frage zu verstehen ist. Vielmehr handelt es sich um eine Schuld ihres Vaters und ist an seine, nicht an ihre Verbindlichkeit gebunden. Was die Kinder in diesem Falle tun, stellt eine Hilfestellung für ihren Vater dar, um seine Schulden zu begleichen. Es fällt in den Bereich der Güte den Eltern gegenüber und ist eine Sache, zu der der Islam nachdrücklich angespornt hat:
{وَبِالْوَالِدَيْنِ إِحْسَانًا}
Und Güte den Eltern gegenüber. (2:83) Auch berichtet al-Buḫārī in geschlossener Kette von ʿAbdullāh ibn Masʿūd (r):
سَأَلْتُ رَسُولَ اللَّهِ eقُلْتُ: يَا رَسُولَ اللَّهِ، أَيُّ العَمَلِ أَفْضَلُ؟ قَالَ: «الصَّلاَةُ عَلَى مِيقَاتِهَا»، قُلْتُ: ثُمَّ أَيٌّ؟ قَالَ: «ثُمَّ بِرُّ الوَالِدَيْنِ»، قُلْتُ: ثُمَّ أَيٌّ؟ قَالَ: «الجِهَادُ فِي سَبِيلِ اللَّهِ»
Ich fragte den Gesandten Allahs: „O Gesandter Allahs! Welche Handlung ist die beste?“ Er antwortete: „Das Gebet zu seiner Zeit.“ Ich fragte: „Und welche danach?“ Er antwortete: „Die Güte zu den Eltern.“ Ich fragte: „Und welche danach?“ Er antwortete: „Der ğihād auf dem Wege Allahs.“
Somit fällt die Hilfeleistung der Kinder für ihre Eltern in den Bereich der Güte den Eltern gegenüber. Jedoch haben die Kinder die zakāt auf ihr Vermögen zu entrichten, nachdem sie ihre eigenen Schulden beglichen haben. Erreicht ihr Vermögen danach den Schwellenwert (niṣāb) und ist die Jahresfrist (ḥaul) darauf verstrichen, dann müssen sie die zakāt auf ihr Vermögen abgelten. Wenn sie jedoch die Schulden ihres Vaters aus ihrem eigenen Vermögen begleichen, bevor die Jahresfrist darauf verstrichen ist, so müssen sie auf das Vermögen, mit dem sie die Schuld ihres Vaters beglichen haben, keine zakāt bezahlen, da es ausgegeben wurde, bevor die zakāt darauf fällig wird. Sie müssen die zakāt dann auf ihr restliches Vermögen entrichten, das nach Begleichung der Schuld übrig geblieben ist, wenn es den Schwellenwert erreicht oder darüber liegt und die Jahresfrist darauf verstrichen ist.
Euer Bruder ʿAṭāʾ ibn Ḫalīl Abū ar-Rašta
22. Šauwāl 1438 n. H.
16.07.2017 n. Chr.