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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Zeitung al-Raya

Die Geschehnisse in den USA und ihr Einfluss auf die weltpolitische Lage

(Teil 1)

Von A. Manzour

Die weltpolitische Lage stellt – wie wir wissen - das Gerüst der maßgeblichen internationalen Beziehungen dar. Das heißt, sie ist der Zustand, in welchem sich die Weltführungsmacht und die mit ihr konkurrierenden einflussreichen Mächte befinden. Daher geht es in dieser Analyse um die Dimension des Einflusses des einen oder anderen Staates, den dieser auf andere Staaten ausübt. Dabei gilt: Je größer der Einfluss, desto international höher die Position des Staates. Erhöht der Staat den Grad seines Einflusses und verfügt er über die Attribute einer Großmacht, kann er eine solche Stufe auch erreichen. Gelingt es dem Staat, die Ereignisse und Wandlungen in der Welt zu lenken, Einfluss auf die übrigen Großmächte zu nehmen und ihnen seinen Willen aufzudrücken, so hat er die Stufe einer Weltführungsmacht erlangt. Die vorliegende Analyse verlangt eine Verfolgung globaler Ereignisse und Entwicklungen ebenso wie eine Untersuchung der Beeinflussungsfaktoren und -elemente. Und es muss der Frage nachgegangen werden, wie stark oder schwach diese Faktoren sind, um zu begreifen, dass dieser oder jener Staat schwächer oder stärker in seinem Einfluss geworden ist, ob er gesunken oder gestiegen ist.

Daher ist die weltpolitische Lage kein statischer Zustand, sondern ist Veränderungen und Wandlungen ausgesetzt, je nach Faktoren und Elementen, von denen die Sprache war. Und diese Veränderungen hängen davon ab, wie der innere Zustand der Großmächte ist, und zwar in allen Bereichen oder auch vom Zustand der Großmächte in ihren Einflussgebieten, von der Schärfe des Konkurrenzkampfes um die Position der Weltführungsmacht und von den Aktionen, die unternommen werden, um die Weltmacht von ihrem Platz zu verdrängen. Ferner hängt es davon ab, inwieweit Großmächte sich mit der Weltmacht an globalen Aktionen und an Einflussnahme beteiligen. Und auch, inwieweit diese oder jene Großmacht auf kleine Staaten Einfluss nimmt, um den Wert der eigenen „Aktien“ auf internationaler Bühne zu steigern, sodass sich das Terrain ihres Einflusses ausdehnt, was damit eine Stärkung ihrer weltpolitischen Position und ihres Auftretens gegenüber der Weltmacht bedeutet.

Die Großmächte tun alles, was in ihrer Macht steht und setzen alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel und Methoden ein, um die führende Weltmacht von ihrer Position zu verdrängen oder um soweit Einfluss auf sie auszuüben, dass die Weltmacht sie zumindest teilhaben lässt. So will die Großmacht ihr internationales Niveau heben, um an der Beute mitbeteiligt zu werden und an Einflussnahme zu gewinnen. Die Großmächte nutzen aktiv Krisen und Schwachpunkte der Weltmacht aus, stiften Unruhe im Staat ebenso wie in dessen Einflussgebieten sowie in der Welt allgemein, um der Weltmacht Konkurrenz zu machen. Eine Großmacht findet weder Ruhe noch Schlaf, solange sie dies nicht erreicht hat. Das gehört zu den Eigenschaften einer Großmacht, ansonsten wäre es keine. Auch die übrigen Staaten, die darauf hinarbeiten, zur Großmacht aufzusteigen, müssen diese Attribute in sich tragen, d.h. ihre Anstrengungen darauf ausrichten, eine solche Position zu erreichen. Ein Staat, der nicht über solche Attribute verfügt und nicht proaktiv in dieser Richtung agiert und keinen Antrieb hat, entsprechend zu handeln, wird international nicht als Großmacht angesehen. Ein Staat ist entweder eine regionale Großmacht und ist unabhängig wie die Volksrepublik China oder es ist eine unabhängiger kleiner Staat wie die Schweiz oder die Niederlande oder ein Staat, der im Kosmos kreist wie Kanada und Japan, oder aber es handelt sich um einen abhängigen Staat, und das sind die meisten Staaten der Welt wie die Länder Afrikas, Asiens und Südamerikas. Zuletzt sind Umstände eingetreten, die Amerikas Position als Weltmacht betrafen und auf eine mögliche Änderung diese Position betreffend, hindeuten. Es ist daher unabdingbar, diese Änderung genauer zu untersuchen. Wie ist es zu dieser Veränderung gekommen? Welches Ausmaß hat diese Veränderung? In welchem Zustand ist sie? Schließlich hängt das Schicksal der Welt von den Großmächten ab, denn sie lenken die Dinge, entfachen große und kleine Kriege in deren Einflussgebieten, aus denen dann die großen Krisen und oft auch die Krisen in den abhängigen Staaten entstehen. Die Kleinstaaten sind jene Staaten, die beeinflusst werden, wobei es sei kann, dass ein Kleinstaat größer ist als ein anderer und er auf diesen Einfluss nehmen, aber nur in dem Maße, wie die Großmacht, von der der Staat abhängt, es erlaubt. Beispiele: Ägypten übt Einfluss auf den Sudan aus, Syrien auf den Libanon, Saudi-Arabien auf Bahrain u.s.w. Politische Veränderungen in den Kleinstaaten hängen oft mit mit den Großstaaten zusammen, von denen sie jeweils abhängen und mit der internationalen Auseinandersetzung um die entsprechenden Kleinstaaten. Und wenn es in einem Kleinstaat unabhängig davon zu einer Veränderung kommen sollte, eilen die Großmächte herbei, um auf unterschiedliche Weise zu intervenieren, um Veränderungen zu verhindern, insbesondere dann, wenn Derartiges in der islamischen Umma passiert, die das Potential besäße, Weltmachtführungsmacht – nicht nur Großmacht – zu werden. Und genau das geschah, als die spontanen Revolten und Aufstände in den islamischen, vor allem in der arabischen Welt, ausbrachen. Die Großmächte beeilten sich damit, zu intervenieren, dem Streben nach Unabhängigkeit entgegenzuwirken und die entsprechenden Länder im eigenen Revier einzukesseln. Kommt es dann zu einer Intervention der Großmächte, wird die Angelegenheit internationalisiert und zu einem Konfliktgegenstand zwischen den Großmächten, wie zuletzt in Libyen. Und sie wollen verhindern, dass die Angelegenheit in eine Auseinandersetzung mündet zwischen Umma und Großmächten, wie in Syrien geschehen.

1989 kam es zum Zusammenbruch der Sowjetunion und 1991 zu deren endgültigem Zerfall und somit zum Verlust des Ostblocks, der als ihr wichtiger strategischer Raum betrachtet wurde und eine vordere Verteidigungsfront und zusammen mit der UDSSR den Warschauer Pakt bildete. Die Ursachen sind auf interne Angelegenheiten zurückzuführen, auf Zugeständnisse ideologischer Art sowie auf spezifische wirtschaftliche Erschütterungen, besonders nachdem die Sowjetunion den utopischen „Krieg der Sterne“ führte und anschließend militärische Niederlagen erleiden musste, wie in Afghanistan. Das alles hat dazu geführt, dass die Sowjetunion, die mit der Weltführungsmacht USA rivalisierte, von der Stufe der Weltmacht Nummer zwei fiel. Diese neue internationale Lage haben die USA ausgenutzt, die nunmehr konkurrenzlos und ohne Rivalen den Platz Nummer eins in der Welt innehatten. Denn mit dem Zusammenbruch der UDSSR fiel ihr einziger Teilhaber bei der Lenkung internationaler Beziehungen, auf das man sich seit Unterzeichnung des Appeasement-Abkommens von 1961 geeinigt hatte, weg. Mit diesem Abkommen hatten sich die beiden Mächte darauf verständigt, die Welt auf Grundlage der jeweiligen Einflusssphären unter sich aufzuteilen.

Russland gelang es nicht, den Platz der Sowjetunion zu ersetzen. Es wurde kraftlos und ermattete, nachdem es einst die Führungsfunktion der Sowjetunion innehatte. Mehr noch: Russland verkörperte einst die Sowjetunion und die dazugehörigen vierzehn Republiken, die für ihn sein natürliches Einflussgebiet darstellen. Russland verlor seine Vormacht in einem Teil dieser Region, auch wenn es zusammen mit elf dieser Nachfolgestaaten der Sowjetunion die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) bildete, um sie an sich zu binden und den russischen Einfluss dort zu behalten. Doch einige dieser Republiken, wie die Ukraine und Georgien, verlor Russland. Und wegen der übrigen, die sich noch unter russischer Hegemonie befinden, insbesonders den fünf zentralasiatischen Staaten, wird Russland gejagt. Und so musste Russland als Folge des Zusammenbruchs der Sowjetunion einen verheerenden Schlag hinnehmen. Seitdem war es für mehr als ein Jahrzehnt nicht mehr in der Lage, sich vom Schlachtfeld zu erheben und wieder auf eigenen Füßen zu stehen. Und selbst dann, war es Russland nicht wieder möglich, zum alten Zustand zurückzukehren.

Und so veränderte sich die weltpolitische Lage, ohne dass es zu einem Weltkrieg bzw. zu großen Kriegen kam, die eine Niederlage der Weltmacht verursacht hätte, wie es in der Geschichte üblich war, wenn Weltmächte stürzten. Es fand also kein großer Krieg statt, aus dem die Sowjetunion bzw. Russland, das diese Union repräsentierte, als Verlierer hervorging und dadurch zu Fall kam, wonach dann der siegreiche Feind in die Hauptstadt dieses Staates einmarschierte, wie es dem Osmanischen Staat und dem Deutschen Reich nach dem Ersten Weltkrieg oder wie es Deutschland, Japan und Italien nach dem Zweiten Weltkrieg ergangen ist. Es kam nicht der Feind, der dem bezwungenen Gegner die vom Sieger gewünschten Bedingungen diktierte, sodass die Siegermächte Herr der weltpolitische Lage wurden.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion - dem Hauptrivalen – wurden die USA von Selbstherrlichkeit befallen. Sie zeigten sich arrogant und hochmütig und schlugen Forderungen und Einwände anderer Großmächte in den Wind. Sie griffen ohne internationale Resolutionen militärisch in den Balkan ein, besetzten Afghanistan und fielen anschließend mit einer erlogenen Begründung und ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates in den Irak ein, ohne sich um völkerrechtliche Vereinbarung zu scheren, auf die man sich mit Gründung der Vereinten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg (nachdem sich die weltpolitische Lage geändert hatte) geeinigt hatte. Damit hatten die USA gegen das Völkerrecht verstoßen, das von den Vereinten Nationen niedergelegt wurde. Dabei waren es die USA, die den entscheidenden Part bei der 1945 gegründeten Organisation spielten. Durch dieses Verhalten hatten die USA sich selbst und die internationale Organisation, die UNO, in Misskredit gebracht. Daher ist es ein Faktor für das sinkende Ansehen Amerikas und dieser Organisation. Denn jedesmal, wenn die USA gegen internationales Recht verstößt, welches von ihnen selbst zugrundegelegt wurde bzw. gegen eine unter den Völkern der Erde anerkannte, allgemeine Norm, sinkt das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der USA. Und dadurch sinken sie in den Augen der Menschen, sodass die USA immer mehr an Respekt seitens der Menschen verlieren und an deren Bereitschaft, den USA und ihren Getreuen zu folgen. Daher fangen die Leute an, sie zu attackieren, ihnen die Stirn zu bieten und sich gegen sie aufzulehnen, was es für die USA komplizierter macht, Einfluss auf die Länder und Völker zu nehmen. Denn Einflussnahme beruht auf das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit in sie und auf deren Einhaltung des internationalen Rechts und der allgemeinen Normen.

So haben die USA z.B. im Jahr 2001 erneut einen Alleingang in weltpolitischen Angelgenheiten angekündigt, ohne sich um die anderen Großmächte und um die Proteste der Völker gegen die Politik der USA zu scheren. Ihr damaliger Präsident George Bush Junior warnte, wer nicht mit den USA ist, sei gegen sie. Das löste den Groll der Welt aus, sodass viele Menschen begannen, die USA zu hassen und nach einer anti-amerikanischen Position zu fordern. Diese Realität nutzten die anderen Großmächte aus. Frankreich erhob sich und zog Deutschland und Russland mit sich und bildete die Achse des Widerstands gegen die US-Besetzung des Irak. Das zeigte Wirkung auf die Amerikaner, wodurch sich Bush Junior dazu genötigt sah, am 21.02.2005 nach Brüssel zu reisen, um sich mit den Europäern zu versöhnen. Dieser Besuch wurde als Versöhnungsreise Bushs zur Verbesserung der Beziehungen mit den Europäern bekannt. Dort erklärte er: „Die Vereinigten Staaten unterstützen die starke Präsenz Europas, da wir einen starken Partner für die Erfüllung der schweren Missionen brauchen, die uns erwarten, an oberster Stelle die Verwirklichung von Freiheit und Demokratie in der Welt.“ (Deutschlandfunk, 21.02.2005) Am selben Tag erklärte er während eines Treffens mit Chirac: „Es sind Differenzen zwischen uns entstanden. Doch jetzt liegt es an uns, sie beiseite zu legen.“ (gleiche Quelle)

Quelle: Al-Raya/Ausgabe 302/02.09.2020

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