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Der Rechtsspruch zur Folter von Häftlingen

بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Antwort auf eine Frage

Der Rechtsspruch zur Folter von Häftlingen

Frage:

Unser ehrenwerter Scheich, as-salāmu ʿalaikum wa raḥmatullāhi wa barakātuh!

Wie lautet der Rechtsspruch bezüglich des Einsatzes von Schlägen, um den Häftling zu einem Geständnis zu bewegen, wo man den Verdacht hat, dass er die Tat begangen hat, aber kein greifbarer Beweis existiert, sondern eben nur Verdachtsmomente? Durch das Schlagen stellt sich aber letztlich heraus, dass er der Täter ist. Der zweite Aspekt meiner Frage:

Ist es erlaubt, Halluzinogene einzusetzen, damit der Verdächtige seine Informationen ausplaudert? Denn sie rechtfertigen deren Einsatz damit, dass man durch ihre Verwendung auf schwere Schläge verzichten kann, die manchmal zum Tode führen können.

Antwort:

Wa ʿalaikum as-salām wa raḥmatullāhi wa barakātuh!

Das Foltern eines Verdächtigen stellt im Islam ein Kapitalverbrechen dar. Für den Täter zieht es gemäß den Gesetzen des islamischen Rechts eine schwere Strafe nach sich. Auch haben unter Folter erzwungene Geständnisse vor Gericht keinerlei Bedeutung. Damit hat sich der Islam aber nicht begnügt; er hat es sogar für unzulässig erklärt, dass der Richter eine Folterstrafe verhängt, auch wenn vor einem korrekten und redlichen Gericht bewiesen wurde, dass der Angeklagte die Tat begangen hat. Zur Erläuterung dessen ist zu sagen:

1. Im Artikel 13 der Präambel zur Staatsverfassung wird zu diesem Thema ausgeführt (Zitat):

Es gilt grundsätzlich die Unschuldsvermutung. Eine Bestrafung erfolgt nur durch das Urteil eines Gerichtes. Es ist absolut verboten, jemanden zu foltern. Wer derartiges tut, wird bestraft.

Im Folgenden zitiere ich aus der Erläuterung zu diesem Artikel:

Muslim berichtet in geschlossener Kette von Wāʾil ibn Ḥuğr, der sagte:

«جَاءَ رَجُلٌ مِنْ حَضْرَمَوْتَ وَرَجُلٌ مِنْ كِنْدَةَ إِلَى النَّبِيِّ صلى الله عليه وسلم، فَقَالَ الْحَضْرَمِيُّ: يَا رَسُولَ اللَّهِ، إِنَّ هَذَا قَدْ غَلَبَنِي عَلَى أَرْضٍ لِي كَانَتْ لأَبِي، فَقَالَ الْكِنْدِيُّ: هِيَ أَرْضِي فِي يَدِي أَزْرَعُهَا لَيْسَ لَهُ فِيهَا حَقٌّ، فَقَالَ رَسُولُ اللَّهِ صلى الله عليه وسلم لِلْحَضْرَمِيِّ: أَلَكَ بَيِّنَةٌ؟ قَالَ: لاَ، قَالَ: فَلَكَ يَمِينُهُ، قَالَ: يَا رَسُولَ اللَّهِ، إِنَّ الرَّجُلَ فَاجِرٌ لا يُبَالِي عَلَى مَا حَلَفَ عَلَيْهِ وَلَيْسَ يَتَوَرَّعُ مِنْ شَيْءٍ، فَقَالَ: لَيْسَ لَكَ مِنْهُ إِلاَّ ذَلِكَ»

Ein Mann aus Ḥadramaut und einer aus Kinda kamen zum Gesandten Allahs. Der Mann aus Ḥadramaut sprach:„O Gesandter Allahs, dieser hier hat mir ein Land entrissen, das meinem Vater gehörte.“ Doch der Mann aus Kinda sagte: „Es ist mein Land in meiner Hand. Ich bewirtschafte es, er hat kein Recht darauf.“ Da sprach der Gesandte Allahs (s) zum Mann aus Ḥadramaut: „Hast du einen Beweis?“ Der Mann antwortete: „Nein!“ Da sagte der Gesandte (s): „Dann obliegt dir sein Schwur.“ Er antwortete: „O Gesandter Allahs, der Mann ist ein Frevler, es kümmert ihn nicht, worauf er schwört, und er hat vor nichts einen Skrupel.“ Doch der Gesandte Allahs (s) sprach: „Ihm gegenüber steht dir nur das zu.“

Al-Baihaqī berichtet in richtiger und geschlossener Kette: Es sprach der Gesandten Allahs (s):

«البينة على المدعي، واليمين على من أنكر»

Die Beweisführung obliegt dem Kläger und der Schwur dem, der abstreitet. Im ersten Hadith verlangte der Prophet (s) den Beweis vom Kläger. Dies bedeutet, dass der Beklagte - d. h. der Beschuldigte - unschuldig ist, bis seine Schuld feststeht. Und im zweiten Hadith macht der Prophet (s) klar, dass die Pflicht zur Beweiserbringung grundsätzlich dem Kläger obliegt. Dies ist gleichzeitig ein Beleg dafür, dass der Angeklagte als unschuldig gilt, bis seine Schuld erwiesen wurde.

2. Folglich ist der Angeklagte unschuldig, bis seine Schuld feststeht. Somit ist es unzulässig, ihn auf irgendeine Weise zu foltern, um ihm ein Geständnis abzuringen. Auch sind Rechtsbelege ergangen, die so etwas klar untersagen:

a) Allah, der Erhabene, hat den Übergriff auf das Leben eines Muslims oder auf irgendeinen Teil seines Körpers verboten. Für so einen Übergriff hat Er (t) eine islamrechtliche Strafe erlassen. Der Erhabene sagt:

﴿وَالَّذِينَ يُؤْذُونَ الْمُؤْمِنِينَ وَالْمُؤْمِنَاتِ بِغَيْرِ مَا اكْتَسَبُوا فَقَدِ احْتَمَلُوا بُهْتَاناً وَإِثْماً مُبِيناً﴾

Und diejenigen, die den gläubigen Männern und den gläubigen Frauen Leid zufügen für etwas, was sie nicht begangen haben, laden damit gewiss Verleumdung und offenkundige Sünde auf sich. (33:58)

b) Muslim berichtet in seinem „Ṣaḥīḥ“ von Hišām ibn Ḥakīm ibn Ḥizām, der sprach: Ich hörte den Gesandten Allahs (s) sagen:

«إِنَّ اللهَ يُعَذِّبُ الَّذِينَ يُعَذِّبُونَ فِي الدُّنْيَا»

Wahrlich, Allah peinigt diejenigen, die im Diesseits peinigen.

c) Ebenso berichtet Muslim in seinem „Ṣaḥīḥ“ von Abū Huraira, der sagte: Es sprach der Gesandte Allahs (s):

«صِنْفَانِ مِنْ أَهْلِ النَّارِ لَمْ أَرَهُمَا، قَوْمٌ مَعَهُمْ سِيَاطٌ كَأَذْنَابِ الْبَقَرِ يَضْرِبُونَ بِهَا النَّاسَ...»

Zwei Arten von Feuerbewohnern habe ich nicht gesehen: Leute mit Peitschen wie Kuhschwänze, die damit die Menschen schlagen (...)

3. Ebenso ist es bei einem Gerichtsverfahren ohne Bedeutung, wenn ein Geständnis unter Zwang entrissen wurde. So ein Geständnis hat keine Gültigkeit, da es nicht freiwillig geschah.

- Ibn Māğa berichtet in seinem Werk „as-Sunan“ in geschlossener Kette von Abū Ḏarr al-Ġifārī, der sagte: Es sprach der Gesandte Allahs (s):

«إِنَّ اللَّهَ قَدْ تَجَاوَزَ عَنْ أُمَّتِي الْخَطَأَ، وَالنِّسْيَانَ، وَمَا اسْتُكْرِهُوا عَلَيْهِ»

Wahrlich, Allah verzeiht meiner Umma den Fehler, das Vergessen und zu was sie gezwungen wurden. Der Mensch wird also für das, wozu er gezwungen wurde, nicht zur Rechenschaft gezogen.

- Al-Ḥākim berichtet im „al-Mustadrak“ nach den Regeln der beiden Ṣaḥīḥ-Werke(al-Buḫārī und Muslim) in geschlossener Kette von ibn ʿAbbās, der sagte: Es sprach der Gesandte Allahs (s):

«تَجَاوَزَ اللَّهُ عَنْ أُمَّتِي الْخَطَأَ، وَالنِّسْيَانَ، وَمَا اسْتُكْرِهُوا عَلَيْهِ»

Allah verzeiht meiner Umma den Fehler, das Vergessen und zu was sie gezwungen wurden.

4. Wenn in einer gerechten, der Wahrheit verpflichteten Gerichtssitzung vor einem Richter mit richterlicher Entscheidungsbefugnis die Schuld des Angeklagten durch islamrechtliche Beweismittel erwiesen ist, so darf die Strafe allein nach dem erfolgen, was das islamische Recht dazu vorgibt. Es dürfen keine Strafen verfügt werden, die das islamische Recht verboten hat oder sie nicht erwähnt. Zum Beispiel: Es darf nicht mit etwas bestraft werden, was Allah als Strafe im Jenseits vorgesehen hat. Beweis dafür ist der bei al-Buḫārī in geschlossener Kette tradierte Hadith von Abū Huraira, dass der Prophet (s) sprach:

«وَإِنَّ النَّارَ لا يُعَذِّبُ بِهَا إِلاَّ اللَّهُ»

Und wahrlich, mit dem Feuer darf niemand bestrafen außer Allah. Auch brachte Abū Dāwūd den folgenden Hadith von ibn Masʿūd in geschlossener Kette heraus. Er erwähnt ihn in einer Erzählung, und zwar in folgendem Wortlaut:

«فَإِنَّهُ لا يُعَذِّبُ بِالنَّارِ إِلاَّ رَبُّ النَّارِ»

Denn wahrlich; mit dem Feuer darf niemand bestrafen außer dem Herrn des Feuers. Aufgrund dessen ist es unzulässig, einen Angeklagten - nachdem seine Schuld in einer Gerichtssitzung vor einem entscheidungsbefugten Richter bewiesen wurde - mit Feuer oder Ähnlichem, wie z. B. mit Stromstößen, zu bestrafen. Es darf keine Strafe verordnet werden, die Allah zur Bestrafung heranzieht. Auch dürfen nur Bestrafungsarten verfügt werden, die das islamische Recht vorsieht. So darf niemand durch das Sengen mit Feuer, das Ausreißen der Nägel oder Augenwimpern, durch Stromstöße, durch das Ertränken in Wasser oder das Beschütten mit kaltem Wasser, durch Aushungern oder durch das Aufstellen in der Kälte ohne schützende Kleidung bestraft werden. Vielmehr muss man sich bei der Bestrafung darauf beschränken, was das islamische Recht an Bestrafungsformen erwähnt. Für den Richter ist es verboten, über den Täter eine darüber hinaus gehende Bestrafungsart zu verfügen.

Aufgrund dessen ist es keinesfalls zulässig, jemanden zu foltern. Wer das tut, hat dem islamischen Recht zuwidergehandelt.

Ist erwiesen, dass jemand einen anderen gefoltert hat, wird er dafür bestraft.

 

Euer Bruder ʿAṭāʾ ibn Ḫalīl Abū ar-Rašta 

27. Ṣafar 1438 n. H.

27.11.2016

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