Sonntag, 22 Jumada al-awwal 1446 | 24/11/2024
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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs, des Barmherzigen, des Allerbarmers

Antwort auf eine Frage

Die Kongresswahlen in den USA

Frage:

Die Republikanische Partei sicherte sich mit knapper Mehrheit die Kontrolle im US-Repräsentantenhaus, welches aus 435 Mandaten besteht. Nach Berechnungen von CBS News, dem BBC-Partnersender in den USA, kommt sie mindestens auf 218 Sitze. (BBC, 17. November 2022) Die Demokraten ihrerseits feierten am Sonntag eine dünne Mehrheit, die sie im US-Senat behielten. (Aljazeera, 14.11.2022) Die Lokalnachrichten in den meisten Ländern der Welt berichteten über die US-Kongresswahlen (Repräsentantenhaus und Senat). Wie ist es zu verstehen, dass ein inneramerikanisches Ereignis zu einem weltweit so bedeutenden Geschehen wird, während vergleichbare Ereignisse in anderen Ländern längst nicht so viel Aufmerksamkeit erhalten? Oder verlangen die USA von ihren Vasallen und Gefolgsleuten, den Fokus der Aufmerksamkeit auf inneramerikanische Ereignisse zu lenken, damit sie als Weltereignisse wahrgenommen werden, vergleichbar etwa mit Großbritannien, wo die Medien der britisch-loyalen Vasallen triviale Nachrichten über das britische Königshaus und die Ehen und Kinder der Royals usw. verbreiten? Oder aber haben diese Wahlen tatsächlich Auswirkungen auf die gesamte Welt?

Antwort:

In der Tat, Großbritannien verlangt von seinen Vasallen und Gefolgsleuten, sich mit Belanglosigkeiten zu befassen, und zwar aus einem tiefen und ausgeprägten englischen Gefühl der Selbstherrlichkeit heraus, als würde das Empire, „wo die Sonne niemals untergeht“, wie es früher genannt wurde, noch heute existieren. Im Falle Großbritanniens dient es also dazu, das verstaubte alte Großmachtgefühl am Leben zu halten. Im Falle der USA sieht die Sache vollkommen anders aus. Zur Verdeutlichung führen wir folgendes an:

1. Um die Auswirkungen nationaler US-Ereignisse auf internationaler Ebene zu verstehen, verweisen wir auf die Aussage Präsident Bidens, als er sagte, dass man beachten solle, dass Russland vor Beginn seines Rückzugs aus Cherson auf die Ergebnisse der Kongresswahlen wartete. (Aljazeera, 11.11.2022) Ebenso verweisen wir auf die von Saudi-Arabien forcierte Opec-Plus-Entscheidung, die Erdölfördermenge um zwei Millionen Barrel täglich zu reduzieren, damit es zum weltweiten Anstieg der Öl-Preise kommt und der Ärger des US-Bürgers über die lokalen Treibstoffpreise ihn davon abbringt, die Demokraten zu wählen, und er stattdessen die Republikaner wählt. Zum jetzigen Zeitpunkt kann auch nicht gesichert davon ausgegangen werden, ob die Lockdowns in China unter dem Vorwand des Coronavirus wirklich aus den erklärten Gründen geschehen sind oder als Wahlunterstützung für die Partei Präsident Bidens dienten. Das könnten die nächsten Tage zeigen. Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass die Zwischenwahlen vom 08.11.2022 einem internationalen Großereignis gleichkamen. Zumindest kann man davon ausgehen, dass jede Erruption in den USA Nachbeben in anderen Regionen der Welt auslösen kann. Deshalb darf die Bedeutung dieser Wahlen auf internationaler Ebene nicht unterschätzt werden. Was sie so relevant macht, ist die Tatsache, dass die vorangegangene Amtszeit von Ex-Präsident Donald Trump einen tiefgreifenden Riss in den USA enthüllt hat, ob im Volk, in der Regierung, bei den Parteien oder unter den Kapitalgesellschaften. All das sind Gründe dafür, warum weltweit mitverfolgt wurde, wie die Resultate der Midterm Elections aussehen werden.

2. Im größten und wichtigsten kapitalistischen Staat der Welt, den Vereinigten Staaten von Amerika, ist das politische System darauf ausgelegt, den politischen Wettbewerb ausschließlich auf zwei Parteien zu beschränken. Jede der beiden Parteien ist, um die Wahlen gewinnen zu können, auf Konzerne als Geldgeber angewiesen! Ein sehr deutliches Indiz dafür, dass die Entscheidung letztendlich nicht beim Volk liegt, sondern bei den riesigen Kapitalunternehmen, sind die diesjährigen Summen, die die Konzerne zur Unterstützung der Kongressabgeordneten beider Kammern ausgaben und die bei rund 17 Milliarden US-Dollar lagen: Zu jedem Anlass in den USA tritt ihr paradoxes Modell in Erscheinung. In einer Zeit, in der das Land eine Inflation historischen Ausmaßes durchlebt, verzeichnet man eine Rekordhöhe der Wahlkampfausgaben für die US-Midterms. Eine US-Organisation deckte eine Rekordsumme der Ausgaben für die US-Zwischenwahlen des Jahres 2022 auf, die einen Betrag von über 16,7 Milliarden Dollar erreichten. (Sky News Arabia, 13.11.2022) Das entspricht dem Staatshaushalt mancher Staaten in Afrika und in anderen Regionen. Damit zeigt sich in aller Deutlichkeit, dass es in den USA die Kapitalbesitzer sind, die Inhaber der Großkonzerne, die das amerikanische Volk dirigieren, welcher Kandidat gewählt werden soll und welcher nicht. Bei den US-Wahlen ist das Volk also nur von außen betrachtet der Souverän. Schaut man hinter die Fassade, sind es die Großkonzerne, die der eigentlich Souverän sind. Sie haben die Mittel, die ihnen erlauben, Hunderte von Millionen von Dollar für die Unterstützung eines bestimmten Kandidaten auszugeben. So hieß es schon, dass die Politiker ihre eigenen Wähler wählen würden und nicht umgekehrt. Durch nichts lässt sich das deutlicher belegen, als durch die Tatsache, dass derjenige, der die Parole zum Recht auf Abtreibung hochhält, es besonders auf die weibliche Wählerschaft abgesehen hat. Und wer mit einwanderungsfreundlichen Parolen Wahlkampf betreibt, auf die Wähler setzt, die zu den Minderheiten gehören. Und wer schließlich rassistische Wahlkampfparolen skandiert, auf den weißen US Amerikaner als Wähler abzielt usw.

3. Dass in den USA das Kapital und die Konzerne regieren, war schon seit jeher der Fall. Doch die Amtszeit von Ex-Präsident Trump hat aufgedeckt, dass sich in den USA bedeutsame Veränderungen abgespielt haben. Die hervorstechndste davon ist, dass die erbitterte Rivalität unter den Großkonzernen nicht mehr wie früher als sportlicher Wettkampf ausgetragen wird. Vielmehr wird der Konkurrenzkampf immer hitziger ausgefochten, sodass er schon den Siedepunkt erreicht oder knapp davor steht. Denn aufgrund der konträren Interessen lässt die Gier der Kapitalisten keinerlei friedliche Koexistenz mehr zu. Der erbittert geführte kapitalistische Wettkampf unter den Konzernen eskalierte zu einem Faustkampf unter den Politikern, die die Interessen der unterschiedlichen Konzerne vertreten, und zwar mit dem Ziel, dem jeweiligen Konkurrenten regelrecht die Knochen zu brechen. Insgesamt haben sich die Kapitalbesitzer bis dato zweigeteilt: Ein Teil wird von den Technologie-Unternehmen dominiert und von den US-Demokraten vertreten, während der andere Teil von den Öl-und Energiekonzernen dominiert und von den Republikanern vertreten wird. Diese zwei Lager sind prädestiniert dafür, sich noch weiter zu spalten, und zwar einhergehend mit den Interessen der hinter ihnen stehenden Großkonzerne und dem jeweiligen Bundesstaat, in dem die Interessen dieser Konzerne ihren Schwerpunkt haben. Dabei ist anzumerken, dass die amerikanischen Erdöl- und Energieunternehmen jahrzehntelang das Kernstück des US-Kapitalismus darstellten. Sie übten enorme Macht in den USA aus und besaßen auch massiven Einfluss außerhalb der USA. Und so kam es zu den Erdölkriegen und zur Strategie der länderübergreifenden Pipelineverlegung sowie zum Bau von Riesentankern, die diesen Unternehmen enormen Einfluss und gewaltige Gewinne bescheren. Doch in den vergangenen zwei Jahrzehnten sprangen die Technologie-Unternehmen auf den Zug, deren Kapital raketenhaft anzusteigen begann, sodass der Kapitalwert mancher dieser Konzerne in nicht mal zwanzig Jahren sogar den Wert einiger Öl- und Energieunternehmen übertrifft, die beinahe ein ganzes Jahrhundert für ihre Kapitalanhäufung benötigten. Im Zuge der Lockdown-Maßnahmen in der Corona-Zeit verschärfte sich das Problem und spitzte sich immer weiter zu, was bei den Öl-Konzernen zu massiven Umsatzeinbußen führte. Zwischenzeitlich rutschte der Ölpreis sogar in den Minusbereich. Hingegen wurden die Erfolgssprünge der Technologieunternehmen immer größer, da die Menschen in ihren Häusern festsaßen, die Kommunikation weitgehend über die sozialen Medien lief und sie ihren Jobs online nachgingen. Auch Handels- und Finanztransaktionen wurden mehr und mehr über diese Unternehmen abgewickelt, sodass der US-Konzern Amazon viele der Handelssektoren dominierte und die Waren über den Online-Handel bis an die Haustüren geliefert wurden. Nun fielen diese gravierenden Sprünge gleichzeitig mit dem Amtsantritt Donald Trumps zusammen. Und hier entzündete sich die Flamme der Auseinandersetzungen unter den Megakonzernen, genauer zwischen den Verlierern und den Gewinnern unter ihnen, die so intensiv ausgefochten wurde, dass es nur noch um den Versuch ging, den anderen K.O. zu schlagen. Und weil diese Unternehmen ihren Willen mittels der Politiker durchsetzen, hat sich der Riss unter den Politikern besonders scharf vollzogen.

4. Die Kluft zwischen den US-Bundesstaaten ist größer geworden. So haben demokratisch dominierte Staaten Gesetze verabschiedet, die besonders die Ölkonzerne treffen, wie beispielsweise der Staat Kalifornien mit einer Null-Emissions-Politik, wo man ab 2035 ganz auf Elektromobilität setzen will. Staaten wie Texas hingegen, in denen die Republikaner dominieren und die die Ölkonzerne hinter sich haben, setzten „grüne“ Produktionsunternehmen, also Firmen, die sich einer Politik der Emmissionsverringerung verschrieben haben, auf ihre schwarze Liste. Der Polarisierung wurde noch zusätzlich ein legaler Rahmen hinzugefügt, als die republikanischen Staaten begannen, die Wahlbezirke so zuzuschneiden und Gesetze festzulegen, die garantieren sollten, dass die Republikaner bei künftigen Wahlen weiterhin die Kontrolle in diesen Staaten behalten. Dazu gehört die Einschränkung der Briefwahl, die besonders von den Anhängern der Demokraten bevorzugt wird. Demokratisch geführte Bundesstaaten begannen wiederum, Wahlkreise so einzugrenzen und Gesetze zu erlassen - etwa die Vereinfachung der Abstimmung über den Postweg -, um sicherzustellen, dass diese Staaten den Republikanern verschlossen bleiben. Abgesehen von all dem existiert auch eine kulturelle Kluft. Die zeigt sich etwa in der Einführung der Lehre von der „Rassentheorie“ in die Lehrpläne der Schulen republikanisch geführter Bundesstaaten und in der Verbreitung einer einwanderungsfeindlichen Kultur. Auf der anderen Seite wird das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in den Bundesstaaten propagiert, in denen die Demokraten die Mehrheit haben, und zwar als Idee, die der Ansicht der konservativen Republikaner konträr gegenübersteht. Dazu gehört auch die von den Demokraten vertretene Willkommenskultur gegenüber Einwanderern. Auf diese Weise haben sich die Vereinigten Staaten gespalten, nämlich in rote, mehrheitlich von Weißen dominierte republikanische Bundesstaaten, und in blaue, demokratisch geprägte Bundesstaaten, die die größten Einwanderergemeinden auf ihrer Seite haben. Das heißt, die Spaltung hat einen rassischen Charakter angenommen und wird immer mehr zu einer dauerhaften Präsenz. Auch tendieren die Politiker in den einzelnen Bundesstaaten immer stärker dazu, die strittigen Themen hervorzuheben.

5. Von Seiten der USA wurden ebenso wie von Seiten der Regierungen weltweit die Wahlergebnisse der Midterms verfolgt, einhergehend mit den Interessen, die die jeweilige Seite vertritt. Zum Einen wartete Russland darauf, dass „Trumps Leute“ im Falle eines Sieges die massive Unterstüzung blockieren, die Bidens Administration der Ukraine bereitstellt. Europa, vor allem Deutschland, fürchtete wiederum, dass die „Trumpisten“ die US-Haltung gegenüber Europa, was russische Expansionsabsichten betrifft, beeinflussen könnten. Auch China fürchtet womöglich Konsequenzen in Form einer Unbesonnenheit Washingtons gegenüber China bzw. dass die USA Südkorea und Japan mit nuklearen Waffen versorgen könnten. Einige der US-Vasallen im islamischen Raum wiederum, wie Saudi-Arabien, ziehen die „Trumpisten“ dem Biden-Lager vor, während andere es genau andersrum sahen. Zwar stimmt es, dass es hier nicht um die Präsidentschaftswahlen geht, doch wurden sie so beschrieben, als ob es sich um solche handelt. Abgesehen davon, gelten sie als ein wichtiges Stimmungsbarometer mit Blick auf die nächsten Präsidentschaftswahlen, die 2024 stattfinden. Und da die Inflation in den USA sehr hoch ist und im Zuge dessen auch die Treibstoffpreise stark gestiegen sind, herrschte eine im Sinne der Republikaner günstige Atmosphäre vor. Auch nach Umfrageprognosen sah es so aus, und die Medien propagierten diese These dermaßen, dass selbst die Demokraten eine so genannte „mächtige rote Welle“ befürchteten. Das bedeutet, unter dem Strich stand es eher zugunsten der Republikaner. Doch was sich bislang an Ergebnissen zeigt, sieht nach einer Abstrafung für Umfrageprognosen und Medien aus, zumal auch einige den Demokraten nahestehende Medien, eine rote verheerende Welle erwarteten. Ex-Präsident Trump seinerseits tourte zur Unterstützung der republikanischen Kandidaten durch die amerikanischen Bundesstaaten, als sei es im Wahlkampf um die Präsidentschaft gegangen. Währendessen führten auf der anderen Seite die demokratischen Kandidaten sowohl mithilfe des amtierenden Präsidenten Biden als auch mit den ehemaligen Präsidenten Obama und Clinton Wahlkampf und hofften damit, die gefürchtete „rote Welle“ aufzuhalten. Doch die Welle blieb aus. Die Wahlergebnisse weisen eher darauf hin, dass die Republikaner sich mit nur leichter Mehrheit die Kontrolle im Repräsentantenhaus, das aus 435 Sitzen besteht, sichern konnten. Die Republikaner errangen nach Hochrechnungen von CBS News, dem amerikanischen Partnersender von BBC, mindestens 218 Sitze. (BBC, 17. November, 2022) Die Demokraten hingegen feierten am Sonntag die knappe Mehrheit, die sie im US-Senat behielten. (…) Bislang halten die Demokraten 50 Sitze zusätzlich zur Stimme der US-Vizepräsidentin Kamala Harris, die dem Senat vorsteht, gegenüber 49 Sitzen für die Republikaner. Die Entscheidung über einen Sitz steht im Senatsrennen noch aus, für den noch eine Stichwahl in Georgia abgewartet wird. Diese soll am 6. Dezember stattfinden. Möglich, dass die Demokraten dadurch ihre Mehrheit ausbauen können. (Aljazeera, 14.11.2022) Diese Ergebnisse widersprechen damit sämtlichen Prognosen und Umfragewerten!

6. Bei näherer Betrachtung stellt man fest, dass republikanisch geprägte Bundesstaaten, die von republikanischen Gouverneuren geführt werden und in denen die lokalen Abgeordneten und Senatoren mehrheitlich aus Republikanern bestehen, weiterhin republikanisch geblieben sind, ohne dass die Demokraten nennenswerten Eintritt finden konnten. Es gab lediglich wenige Ausnahmen, nämlich da, wo man einen Anstieg von Einwanderern, vor allem aus Lateinamerika, in Texas etwa, verzeichnen und eine geringe Anzahl demokratischer Abgeordneter einziehen konnte, wobei die Kontrolle fast komplett in Händen der Republikaner blieb. In den demokratisch dominierten Staaten war es genau umkehrt. Somit handelt sich um eine ausgeprägte und tief verankerte Spaltung, die hier zutage tritt. In einigen Staaten allerdings wird der Kampf zwischen beiden Seiten besonders erbittert geführt, nämlich in den sogenannten Swing States. Dazu gehören unter anderem die Staaten Georgia, Arizona, Nevada und Pennsylvania. Möglich, dass die Wahlergebnisse, die allen herkömmlichen Prognosen und Umfragewerten sowie den üblichen Wahlanalysen widersprachen, ein Indiz dafür sind, dass die von der Hauptstadt Washington zusammengehaltenen US-Bundesstaaten, nicht mehr die Vereinigten Staaten sind, wie sie es früher einmal waren. Mehr noch, die Zersetzungserscheinungen beginnen, einen chronischen Verlauf zu nehmen. Von anderer Seite könnte sich das Parteien-Duell um die Regierungsmacht und die unterschiedlichen Interessen der Großkonzerne, die hinter der jeweiligen Partei stehen, sich gerade in den Swing States besonders stark aufheizen. Denn erlangt bei den Wahlen eine Seite die Kontrolle über einen dieser Staaten, erlässt sie in der Folge neue Gesetze, die sich gegen die andere Seite richten, und verbreitet sie eine Kultur, die der gegnerischen Partei zuwiderläuft, dann wird die Distanz des Bundesstaates zur jeweiligen Gegenpartei immer größer. Eine Sache, die die unterlegene Partei nicht hinnehmen würde. Möglich, dass von diesen Swing States dann Funken der Gewalt ausgehen werden, die das Land in eine Gewaltspirale hineinzerren, sodass die US-Außenpolitik erschüttert wird, was ja schon jetzt der Fall ist. Denn dass sich Saudi-Arabien auf die Seite der „Trumpisten“ stellte, als es um die Erdölkürzung ging, war ein bedrohliches Signal, das in eine solche Richtung zeigt. Dieser tiefe Riss war auch das Markanteste, was diese Wahlen offengelegt haben. Beide Parteien liegen kräftemäßig fast gleich auf. Und keine der Entwicklungen der letzten Zeit, wie der Anstieg der Verbraucherpreise zum Beispiel, hat sich auf das Kräfteverhältnis ausgewirkt, was die fanatische parteiliche Sichtweise stark verfestigt hat. Und genau das stellt eine folgenreiche Gefahr dar. Dieser Fanatismus wurde während der Wahlen mit ziemlicher Deutlichkeit sichtbar. So sind manche Kandidaten aus dem Lager Trumps - selbst Frauen – während des Wahlkampfs mit Gewehren auf den Schultern aufgetreten. Vielleicht wird die nächste Zeit ein zunehmendes Auseinanderdriften der Bundesstaaten offenlegen, mit der damit einhergehenden Legalisierung dieses Prozesses, sowie eine zunehmende Abwanderung nichtweißer Amerikaner aus den republikanisch geprägten Gebieten, wo die Theorie von der Überlegenheit der weißen Rasse propagiert wird.

7. Ausgehend von der Realität des Wahlverlaufs kann nun ein Blick auf die Folgen dieser „Midterm Elections“ geworfen werden:

a) Offensichtlich fehlt es den USA an vernünftigen Leuten, die imstande wären, die Kluft zwischen den beiden Seiten, die um die Macht in Washington ringen, zu schließen. Die US-Amerikaner zeigen sich immer fanatischer in ihrer Loyalität und ihrer politischen Positionierung. Daher wird die Regierung Biden in den kommenden zwei Jahren immer mehr Hindernissen gegenüberstehen, die ihr die republikanischen „roten“ Bundesstaaten ebenso wie das Repräsentatenhaus in den Weg legen könnten. Das alles wird darin münden, dass sich das Land zunehmend den eigenen, inneramerikanischen Belangen zuwenden und sich damit befassen muss, und das auf Kosten einer Fokussierung auf die Außenpolitik. Was Trump betrifft, so erschien es im Vorfeld der Wahlen so, als hätte er die komplette Gewalt über die Republikanische Partei in der Hand. Doch nachdem die Wahlergebnisse bekanntgegeben wurden, zeigte sich, dass so mancher von Trump unterstützte Kandidat gescheitert ist. Andere Kandidaten hingegen hatten Erfolg. Und das könnte Trump bei den kommenden Wahlen in Schwierigkeiten bringen, denn er hat sich ja in den USA als Kandidat für eine zweite Amtszeit im Namen der Republikaner aufgestellt.

b) Da die großen US-Unternehmen, die hinter den Republikanern stehen, erheblichen internationalen Einfluss besitzen, was durch Riads Entscheidung zur Reduzierung der Ölförderung sichtbar wurde, dürften die Symptome einer Zweiteilung des internationalen US-Einflusses zunehmen. Und das wäre etwas, was die USA international schwächen würde und was nicht zu unterschätzen ist. Dies war schon früher sichtbar geworden, als die Telefonate des ehemaligen US-Außenministers John Kerry – ein Demokrat – Trumps Politik des maximalen Drucks gegenüber dem Iran untergruben. Die Antwort der Republikaner war jetzt, wo die demokratische Regierung Bidens an der Macht ist, Saudi-Arabien dazu aufzuwiegeln, die Erdölproduktion zu drosseln, was den Druck der Biden-Administration auf Russland abschwächte… Durch solche Machenschaften wird der internationale Einfluss der USA zweigeteilt, einige internationale US-Interessen werden so in republikanische und demokratische Interessen aufgespaltet, wobei eine gemeinsame Schnittmenge strategischer Interessen übrigbleibt. Dazu gehört der Kampf gegen Russland und China. Hier könnte es jedoch Differenzen in der Umsetzung geben, was die Vorgehensweise und die Zweigpolitikbetrifft.

c) Noch hat die Biden-Regierung zwei ganze Jahre Zeit, Russland wegen der Ukraine unter Druck zu setzen. Und selbst wenn Washington die Tür der Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland öffnen sollte, würden die USA weiter Druck auf Moskau ausüben, damit es all seine errungenen Gewinne in der Ukraine in kurzer Zeit aufgibt. Russland wird auch weiterhin den massiven Sanktionen unterworfen bleiben, damit die USA auch abseits des ukrainischen Feldes profitieren können, wie z. B. sicherzustellen, dass Russlands Atomwaffen keine Bedrohung für die USA mehr darstellen. Dies scheint die Politik der Ära Biden zu sein. Und sollte Biden diese Gewinne nicht verbuchen können, wird Russland weiter von der westlichen Welt und deren Getreuen isoliert bleiben. Seine Wirtschaft wird weiterhin dahinvegetieren, unfähig, auf die Beine zu kommen.

d) Der Biden-Administration gelang es mit Mitteln der Einschüchterung, China von einer Unterstützung Russlands abzuhalten und es praktisch von Russland zu isolieren, ungeachtet der leeren Phrasen zwischen China und Russland über ihre angeblich starken Beziehungen, die an den Tatsachen nichts ändern. Abgeschlossen ist dieser Isolisierungsprozess noch nicht, wenngleich Russland deutlich spürt, dass es von China im Stich gelassen und in der Konfrontation mit den USA und den Nato-Staaten sich selbst überlassen wurde. Schließlich lassen sie der Ukraine enorme militärische Unterstützung zukommen und verhängten gegen Russland gravierende Wirtschaftssanktionen. Von Chinas Seite kommt nichts, was einer Hilfe für einen Verbündeten entspräche – ein Bündnis, das noch vor Ausbruch des Ukraine-Krieges als „grenzenlos“ bezeichnet wurde.

e) Von Seiten der westeuropäischen Staaten fürchtete man sich vor jeder Art eines Comebacks Donald Trumps an die Macht, sei es in Form der Rückkehr ins Präsidentenamt oder der Eroberung des Kongresses durch seine Leute. Schließlich hatte er sich einer Politik verschrieben, die die Nato als ein obsoletes Bündnis ansah. Und weil Europas militärische Macht zu schwach und zu unfähig ist, der Expansionspolitik Russlands entgegenzuwirken, freuten sich die Europäer darüber, dass Bidens Administration sich Europa wieder zuwandte. Darüber hinaus brachten die amerikanischen Erdgasunternehmen Bidens Regierung in Verlegenheit, als sie den Europäern ihr Erdgas als Alternative zum russischen Gas zu einem vierfachen Preis anboten, worauf sich die europäischen Staaten darüber beschwerten. Auch Biden selbst übte Kritik an diesen Konzernen, denen er vorwarf, im Verlauf des Ukraine-Krieges astronomisch hohe Gewinne gemacht zu haben und drohte ihnen mit zusätzlichen Gewinnsteuern. Selbstverständlich kritisierte er die lokal gestiegenen Ölpreise, denn die Preiserhöhungen in Europa kümmern ihn wenig. Vielmehr soll die von Biden geführte US-Politik um die Achse Deutschland in den Zerfall Europas münden, ähnlich der Brexit-Politik, die sein Vorgänger Trump verfolgte, mit dem Ziel, die Einheit der Europäer zu treffen.

8. Zusammengefasst wird deutlich, dass die Kongresswahlen innen- wie außenpolitisch von vielfacher Dimension sind und weitreichende Konsequenzen haben. Aufgrund der US-Dominanz wurden sie zu einem Weltereignis, mit dem sich so gut wie alle Länder der Welt auseinandersetzten, weil sie Auswirkungen auf die amerikanische Außenpolitik haben. Und das ist mit Ereignissen innerhalb des britischen Königreichs mitnichten zu vergleichen, wo die Briten von ihren Vasallen verlangen, innerbritischen Ereignissen mediale Aufmerksamkeit zu schenken, weil es dem Vereinigten Königreich nach Großmachtgefühl dürstet.

So sieht die Situation der sogenannten Großmächte aus, und so steht es um die Bedeutung ihrer internen Ereignisse. Wenn nun mit Allahs Erlaubnis der islamische Staat entsteht und die islamische Umma beginnt, Einfluss auf die Welt zu nehmen und die Rechtleitung an sie heranzutragen, dann wird jedes noch so kleine Ereignis, das sich bei den Muslimen abspielt, politisch und medial hochgradig bedeutend für die Staaten des Unglaubens sein. Jeder mögliche Einfluss auf sie wird dann von ihnen erörtert und analysiert werden. Sogar heute schon interessieren sich die ungläubigen Großmächte für jeden noch so kleinen Vorfall, der sich in der islamischen Welt ereignet, und befassen sich eingehend mit den islamischen Bewegungen. Manche dieser Bewegungen, die sie als „gemäßigt“ erachten, werden von ihren Medien hochstilisiert, die gleichzeitig versuchen, die Umma von anderen aufrichtigen Gruppierungen fernzuhalten. Diese ungläubigen Staaten fürchten jede aufrichtige muslimische Aktivität. Sie beobachten sie sehr genau und verlangen von ihren Vasallen, sie im Keim zu ersticken. Das alles geschieht, noch bevor der islamische Staat - das Kalifat - entstanden ist. Wie wird es dann erst für die Ungläubigen sein, wenn die islamische Umma und ihre gewaltigen Potentiale einer rechtschaffenen, bewussten Führung unterstehen, die zum Wohlgefallen Allahs und im Dienste ihrer Umma handelt? Dann nämlich wird die Umma ihre Größe wiedererlangen und die Schwäche dieser sogenannten Großmächte wird offen zutage treten.

(وَسَيَعْلم الذِينَ ظلموا أيَّ منْقَلب يَنْقَلِبون)

Und diejenigen, die Unrecht getan haben, werden erfahren, welches Ende sie erleben werden. (26:227)

25. Rabīʿ al-Āḫir 1444 n. H.
19. November 2022 n. Chr.
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