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بسم الله الرحمن الرحيم
Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen
Antwort auf eine Frage
Die Auswirkungen des Coronavirus
Frage:
Am 4. Januar 2020 gab China erstmals die Erkrankung dutzender Menschen in China und insbesonders in der Provinz Wuhan bekannt, die sich mit dem Corona-Virus infiziert hatten, welches eine als Covid-19 bezeichnete Lungenkrankheit auslöst. Nach und nach entwickelte sich daraus eine Pandemie, die fast den gesamten Globus erfasste. Zahlreiche Länder schlossen daraufhin ihre Grenzen und verhängten Ausgangsbeschränkungen. Schließlich wurden die Freitags- und Gemeinschaftsgebete in den Moscheen ausgesetzt. Für die globale Wirtschaft bedeutet diese Epidemie einen schweren Schlag. Die beiden Mächte China und die USA begannen, sich gegenseitig die Schuld für den Ausbruch zuzuschieben.
Was ist die Ursache dieser Epidemie? Und wie groß sind die tatsächlichen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft? Wie würde der adäquate Umgang mit dieser Epidemie aussehen? Ist es zulässig, aufgrund dieser Infektionskrankheit, das Freitags- und Gemeinschaftsgebet auszusetzen?
Antwort:
Das Coronavirus wurde erstmals 1960 entdeckt und als Coronaviridae bezeichnet. Der Name ist mit dem englischen Wort „Crown“ für Krone verwandt und wurde so gewählt, weil das Virus unter dem Elektronenmikroskop von zackenartigen Strukturen umgeben ist, die einer Krone ähneln. Diese Virusfamilie ist eng mit dem sogennanten SARS-Virus verwandt, das 2003 in der chinesischen Region Hongkong ausgebrochen ist und zu einer Epidemie führte. Damals wurden weltweit 8.422 Menschen registriert, die sich mit dem SARS-Erreger infiziert hatten, von denen 916 an den Folgen starben. In den Jahren 2004 und 2005 traten neue Stämme des Coronavirus auf und ebenso in den darauffolgenden Jahren, insbesondere 2012 und 2014. Allerdings blieb die Epidemie auf bestimmte Länder begrenzt und die Fallzahlen waren verhältnismäßig gering. Anfang Dezember 2019 schließlich trat ein neuartiges Coronavirus in der chinesischen Millionenstadt Wuhan auf. Der Erreger wies eine 96-prozentige Ähnlichkeit zum SARS-Coronavirus auf und wurde deswegen als Corona 2019 und die durch diesen Virus ausgelöste Krankheit kurz als Covid19 (Corona Virus Desease 2019) bezeichnet. Die meisten der Erstinfektionen ließen sich auf den in der chinesischen Stadt Wuhan gelegenen Markt für Land- und Meerestiere in Verbindung bringen. Von dort breitete sich die Infektionskrankheit weiter aus und erfasste auch zahlreiche Nachbarländer. Da das neuartige Virus zu 96% dem Coronavirus von Fledermäusen ähnelt, vermuten Wissenschaftler, dass das Tier der ursprüngliche Wirt des Erregers gewesen sei. Die Zahl der Toten - die meisten in China – wurde immer höher. Von dort wurden mehr als 81.193 Infizierte und mindestens 3.000 Todesfälle gemeldet. Weitere Länder wie Italien, der Iran, Spanien, Frankreich und die USA wurden mehr und mehr von der Epidemie erfasst. Weltweit löste die rapide Ausbreitung des Virus Angst aus. Die offizielle Zahl Corona-Infizierter stieg weltweit auf 404.000 (Stand 24.03.2020) und die der Toten auf fast 20.000 (Deutsche Welle, 25.03.2020) „Es könnten Millionen von Menschen durch die Covid-19-Epidemie ums Leben kommen, sollte die Ausbreitung nicht unter Kontrolle gebracht werden“, warnte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres. (Euronews, 19.03.2020). Aus diesem Grund trafen viele Länder die Entscheidung, Schulen und Universitäten zu schließen und Versammlungen zu verbieten. Darüber hinaus wurden Ausgangssperren verhängt und Menschen massenhaft in häusliche Quarantäne versetzt. Auch die Freitags- und Gemeinschaftsgebete (in den Moscheen) wurden abgesagt. All diese Ereignisse haben Fragen aufgeworfen, die einer Klärung bedürfen:
Erstens: Hat jemand aktiv die Entstehung von Covid-19 bewirkt oder handelt es sich – wie andere Krankheiten auch - um ein von Allah (t) herbeigeführtes Schicksal (qaḍāʾ), als Folge dessen, was der Menschen Hände erworben hat?
Zweitens: Ist die kapitalistische Welt adäquat mit dem Problem umgegangen und wie würde der islamrechtlich richtige Umgang mit einer solchen Situation aussehen?
Drittens: Welche Auswirkung hat die Corona-Epidemie auf die Erdölpreise und die Weltwirtschaft?
Viertens: Lässt der Ausbruch einer solchen Krankheit eine Untersagung des Freitags- und Gemeinschaftsgebets in dieser Form zu?
Erstens: Zur Entstehung von Covid-19 und ob jemand dahintersteckt
1. Ausgangsort der Verbreitung von Covid-19 war China. Medizinischen und wissenschaftlichen Studien zufolge hat sich das Virus vom Tier auf den Menschen übertragen. In China, wo die meisten als heidnische Götzendiener keinen Unterschied zwischen guten und schändlichen Nahrungsmitteln machen, ist der Verzehr sämtlicher Tierarten, selbst der schändlichen, weit verbreitet. Wie bereits erwähnt geht aus Medienberichten hervor, dass die Stadt Wuhan in der Provinz Hubei als Zentrum für den Handel mit dem schändlichen Fleisch solcher Tiere gilt und der Ausbreitungsherd von Covid-19 war.
Und so verbreitete sich die durch das Coronavirus ausgelöste Lungenkrankheit zunächst in China und erfasste daraufhin den Iran. Die Ansteckung mit dem Virus erfolgte durch chinesische Beschäftigte eines chinesischen Gleisbau-Unternehmens, das dabei war, Gleise durch die Stadt Qom zu verlegen. Der Iran wiederum gilt als Herd der Ausbreitung von Covid-19 im Nahen und Mittleren Osten. Und auch Italien hatte chinesischen Investoren das Tor zu zahlreichen Branchen – angefangen von der Infrastruktur bis zum Transportwesen- geöffnet. Die Lombardei und die Toscana gelten Berichten zufolge als die italienischen Regionen mit den größten chinesischen Investitionen. Am 21. Februar meldete die Lombardei, jene Region, die inzwischen als Epizentrum der Krankheit gilt, den ersten Corona-Infizierten.
2. China wurde von den USA angegriffen und beschuldigt, fahrlässig in der Bekämpfung der Epidemie gehandelt und diese anfänglich verschwiegen zu haben. Dem Land wurde komplettes Versagen vorgeworfen. Sehr empört reagierte daraufhin der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Zhao Ljiian und schrieb am 13.03.2020 auf Twitter: „Es könnte die US-Armee gewesen sein, die die Epidemie nach Wuhan gebracht hat.“ (Al-Sharq al-Awsat, 13.03.2020) Indessen wiederholte US-Präsident Trump seinen Angriff auf China und wetterte: „Die Welt zahlt einen sehr hohen Preis für die Verzögerungen Chinas in der Weitergabe von Informationen über das neuartige Virus“. (Euronews, 19.03.2020) Das Coronavirus bezeichnete er sogar als „chinesisches Virus“, als er am 16.03.2020 twitterte: „Die Vereinigten Staaten werden den Branchen, die am meisten unter dem chinesischen Virus zu leiden haben, große Unterstützung zukommen lassen, wie z. B. der Flugbranche.“ China konterte am 17.03.2020 über den chinesischen Außenamtssprecher mit den Worten: „Dieser Kommentar rückt das Bild Chinas in ein schlechtes Licht. Wir sind sehr erbost und lehnen das entschieden ab.“ (Russia Today, 18.03.2020) Nachdem China damit begann, die USA zu beschuldigen, hinter der Verbreitung des Corana-Erregers zu stecken, wurde am 13.03.2020 der Botschafter Pekings ins Weiße Haus einbestellt. Ein Beamter des US-Außenministeriums erklärte: „Die Verbreitung von Verschwörungstheorien ist gefährlich und absurd. Wir wollten die chinesische Regierung daraufmerksam machen, dass wir das nicht tolerieren - im Interesse des chinesischen Volkes und der Welt. China will nur die Kritik an seiner Rolle beim Entstehen dieser Pandemie von sich abweisen.“ Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua betonte hingegen, die von Peking ergriffenen Maßnahmen, unter anderem Millionen von Menschen unter strikte häusliche Quarantäne zu stellen, hätten der Welt „kostbare Zeit“ für Vorbereitungen verschafft, was von der Weltgemeinschaft auch anerkannt worden sei. (Russia Today, 15.03.2020)
3. Und so entbrannte zwischen den USA und China eine Propagandaschlacht um die Corona-Pandemie. Beide Staaten werfen sich gegenseitig vor, maßgeblich für die Verbreitung der Infektionskrankheit verantwortlich zu sein. Und obwohl es den Regimen in beiden Ländern, sowohl in China als auch in den USA, zuzutrauen wäre, hinter der Verbreitung dieses Virus zu stecken, liegt nach näherer Betrachtung kein Beweis dafür vor, dass die USA oder China hinter der Herstellung und der epidemischen Verbreitung des Virus stehen. Dafür gibt es zwei offensichtliche Gründe:
Erstens: Beide Länder sind bis zu den Ohren von der Epidemie betroffen und haben sich zu Epizentren der Infektion entwickelt!
Zu China:
In Ergänzung zu dem, was wir bereits zu China ausgeführt hatten, liegt - wie von der chinesischen Gesundheitsbehörde gemeldet - die Zahl der bestätigten Corona-Infizierten bei 81.272, die der Todesfälle bei 3.273,. (Al-Yaum al-Sabi‘, 23.03.2020). Würde China tatsächlich hinter der Corona-Pandemie stecken, so hätte das Land, zumindest für sich selbst, Vorkehrungen getroffen.
Zu den USA:
Laut CNN Health ist die Zahl der Todesfälle auf 704 angestiegen, während die Gesamtzahl der bestätigten Infektionen bei 52.976 liegt. (CNN Arabi, 25.03.2020) Was die Anzahl der Covid-19-Infizierten betrifft, stehen die USA nach China und Italien an dritter Stelle. Nach den jüngsten Maßnahmen in sieben Bundesstaaten muss insgesamt ein Drittel aller US-Amerikaner in ihren Häusern bleiben, nachdem am gestrigen Sonntag nach Kalifornien, Illinois, Connecticut und New Jersey nun auch in Louisiana und Ohio umfangreiche Ausgangsbeschränkungen verhängt wurden. (Aljazeera, 23.03.2020) Und auch die USA hätten zumindest für sich Vorkehrungen getroffen, würden sie hinter der Ausbreitung des Erregers stehen.
Zweitens: Die Behauptung, dass eines der beiden Länder das Virus hergestellt hätte, ist falsch, da keinerlei Beweis dafür existiert, dass es aus einem Labor stammt. Das Magazin „Nature Medicine“ schreibt hierzu: Durch den Vergleich verfügbarer Genomsequenzdaten zu den bekannten Coronavirus-Stämmen können wir ausdrücklich bestätigen, dass das Coronavirus durch natürlichen Prozess entstanden ist. Das Magazin schreibt weiter: Diese Ansicht wird durch Daten über das Rückgrat (das Erbgut, Anm.) des Virus und seiner gesamten molekularen Struktur gestützt. Wenn das Virus im Reagenzglas hergestellt worden wäre, so wäre das am Rückgrat des Virus zu erkennen.“ (https://www.npr.org) Und das trifft auf jedes Land zu, sei es Europa, Russland, der Iran oder andere islamische Länder, da die Ansteckung dort aller Wahrscheinlichkeit nach aus einem der beiden Länder, also aus China oder den USA, erfolgte.
Daher bleibt nur jene Option, über die Allah (t) unterrichtet hat:
﴿ظَهَرَ الْفَسَادُ فِي الْبَرِّ وَالْبَحْرِ بِمَا كَسَبَتْ أَيْدِي النَّاسِ لِيُذِيقَهُمْ بَعْضَ الَّذِي عَمِلُوا لَعَلَّهُمْ يَرْجِعُونَ﴾
„Verderben ist auf dem Land und im Meer durch das entstanden, was der Menschen Hände erworben hat, damit Er sie einen Teil dessen kosten lässt, was sie getan haben, auf dass sie umkehren mögen.“ (30:41)
Jedem von uns ist bewusst, welch schlimmes Übel die Kapitalisten und ihre Abbilder in der Welt angerichtet haben. Für sie zählen ausschließlich ihre eigenen Interessen und Begierden. So sind die Herrscher Amerikas, Chinas, Russlands, Europas und andere die Ursache allen Elends auf Erden und auch des Elends ihrer eigenen Völker. Die Verbrechen, die sie an der Menschheit begangen haben, sind unzählig. Sie waren es, die Atombomben, angereichertes Uran und brennende Napalmbomben auf wehrlose Menschen abgeworfen haben. Sie waren es auch, die ganze Stämme aus Afrika auf grausame Weise versklavt und aus ihnen Versuchskaninchen für ihre biologischen und chemischen Experimente gemacht haben. Der Genozid an den Indianern wird als ewiger Schandfleck an ihnen haften bleiben, und die Gräuel Chinas an den muslimischen Uiguren hat die Erde erbeben lassen. Die Verbrechen Russlands und Serbiens an den Muslimen in Zentralasien, am Balkan und in der Levante (aš-Šām) dauern unvermindert an. Auch die Verbrechen Großbritanniens an den Muslimen und Nichtmuslimen in Indien wirken bis heute nach. All diese Verbrechen manifestieren, dass diese Regenten, die die Völker der Erde beherrschen, die Ursache für das Elend der Menschheit sind. In der Tat, es ist so, wie der Allmächtige es ausdrückt:
﴿فَأَصَابَهُمْ سَيِّئَاتُ مَا كَسَبُوا وَالَّذِينَ ظَلَمُوا مِنْ هَؤُلَاءِ سَيُصِيبُهُمْ سَيِّئَاتُ مَا كَسَبُوا وَمَا هُمْ بِمُعْجِزِينَ﴾
„So traf sie das Böse dessen, was sie erworben haben. Und diejenigen unter diesen, die Unrecht taten, wird das Böse dessen treffen, was sie erworben haben; ohne sich entziehen zu können.“ (39: 51)
Zweitens: Der fehlerhafte Umgang der Kapitalisten und ihrer Abbilder mit dieser Krise, wobei die islamrechtliche Lösung die richtige Lösung ist:
Die Kapitalisten und ihre Abbilder sind im Umgang mit dem Problem in drei Etappen vorgegangen:
Etappe Eins: Das Verschweigen des Problems
1. Ein chinesischer Bericht deckte auf, dass die chinesischen Behörden die Wahrheit über die tödliche Krankheit vor den Chinesen und vor der Welt vertuschten, deren Ausbreitung den Behörden noch vor Mitte Dezember 2019 bekannt war. Doch diese verschwiegen das Problem und räumten es erst zum Jahresende ein, nachdem die Fallzahlen immer weiter anstiegen. Der chinesisch-amerikanische Journalist Shang Wei Wang betonte, dass der Meeresfrüchte-Markt in der Stadt Wuhan, der als Herd der Ausbreitung dieser Krankheit gilt, erst im Januar durch die Behörden geschlossen wurde. Der Bericht spricht von der Festnahme von acht Bürgern, weil sie zu Beginn der Krise Informationen über die Krankheit in Umlauf gebracht hätten. Man betrachtete sie wegen Verbreitung von Falschinformationen als Gesetzesbrecher. Er ergänzte, dass die lokalen Behörden in Wuhan nach wie vor behaupteten, die Dinge seien normal. Noch am 18. Jänner erlaubten sie die Durchführung von Ritualen einer lokalen Tradition, an der rund 40.000 (!) Familien teilgenommen hätten. (Ebenda, 01.02.2020)
2. Die chinesischen Verantwortlichen haben die Bevölkerung bis zum 31. Dezember, als Peking die Weltgesundheitsorganisation informierte, nicht über die Schwere der Krise in Kenntnis gesetzt.(...) Bis dahin erklärte die chinesische Regierung: „Es ist möglich, sich vor der Krankheit zu schützen und diese unter Kontrolle zu bringen.“ Dann, am 23. Januar, riegelten die Behörden die Stadt Wuhan ab und verhängten ein komplettes Reiseverbot. (Masrawi, 23.03.2020)
Etappe zwei: Quarantäne und die Teilisolation
1. Beamte des Gesundheitsministeriums in den USA bestätigten am Samstag den achten Fall eines mit dem neuartigen Coronavirus Infizierten. Das US-Verteidigungsministerium erklärte, es werde den Einreisenden einen Unterbringungsort zur Verfügung stellen, falls sie unter Quarantäne gestellt werden müssten.(...) Die in Zentralchina gelegene Stadt Wuhan mit der Region Hubei, wo das Virus aufgetreten ist, stehen unter tatsächlicher Quarantäne. (Sky News, 21.02.2020)
2. In den USA erklärte Andrew Cuomo, Gouverneur des Staates New York: „Wir stehen unter Quarantäne“ und betonte, es sei „die radikalste Maßnahme, die wir ergreifen können.“ Mit der Verhängung der häuslichen Quarantäne in New York, Kalifornien und Illinois sind nun mehr als 85 Millionen Menschen gezwungen, in ihre Häusern zu bleiben außer zum Einkaufen und für einen kurzen Spaziergang. (Deutsche Welle, 21.03.2020)
Schritt drei: Die fast komplette häusliche Isolation
Hunderte Millionen von Menschen auf der Welt befinden sich in häuslicher Isolation, in der Hoffnung, die Ausbreitung des Coronavirus, das bislang zum Tod von mehr als 11.000 Menschen führte, einzudämmen. Diese radikale Maßnahme ist in der Geschichte der Menschheit bisher einmalig und wird von Staat zu Staat in unterschiedlichen Schritten vollzogen. So sind laut Schätzung von France Press mehr als 800 Millionen Menschen in über dreißig Ländern dazu aufgerufen, in ihren Häusern zu bleiben, sei es aufgrund einer Allgemeinverfügung zur Quarantänepflicht, aufgrund von Empfehlungen oder aufgrund von Ausgangssperren. In Deutschland erwägen die Behörden, die Maßnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens zu verschärfen und den größten Teil der Bevölkerung zu verpflichten, zu Hause zu bleiben. (...) Italien, das mit 4000 Toten (Stand 21.03.2020) am stärksten vom Virus betroffene Land Europas, hat als erstes Land auf dem alten Kontinent die Bevölkerung zur Quarantäne verpflichtet und trifft Vorbereitungen für verschärfte Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit. Am Wochendende sollen sämtliche Parkanlagen und öffentliche Plätze für Besucher geschlossen werden und weitere Beschränkungen folgen, um die Italiener dazu zu zwingen, zu Hause zu bleiben, nachdem die Behörden den Tod von 627 Menschen im Land innerhalb von 24 Stunden gemeldet hatten. Es ist der bisherige Höhepunkt seit Beginn der Krise. (Deutsche Welle, 21.03.2020)
Bei genauer Betrachtung dieser drei Schritte zur Bewältigung der Krise wird sichtbar, dass das Problem hiermit nicht gelöst wird. Vielmehr wird es zu einem weiteren wirtschaftlichen Versagen führen und die Krankheit sowie die Langeweile und den Überdruss, an denen die Menschen zusätzlich zu leiden haben, noch weitaus verschlimmern, wie aus Fällen in der kapitalistischen Gesellschaft zu hören ist...
Daher ist der adäquate Umgang mit solch einer Krankheit jener, den der šarʿ Allahs, das islamische Recht, vorsieht: Der Staat behält die Krankheit vom ersten Moment an genau im Blick und ergreift Maßnahmen zur Einhegung der Infektion in dem Gebiet, in dem sie ausgebrochen ist, während die Gesunden in den übrigen Regionen ihrer Beschäftigung an den Arbeits- und Produktionsstätten weiter nachgehen.
Al-Buḫāri tradiert in seinem „Saḥīḥ“ einen Bericht von Usāma ibn Zaid, dass der Prophet (s) sagte: «إِذَا سَمِعْتُمْ بِالطَّاعُونِ بِأَرْضٍ فَلَا تَدْخُلُوهَا وَإِذَا وَقَعَ بِأَرْضٍ وَأَنْتُمْ بِهَا فَلَا تَخْرُجُوا مِنْهَا» „Wenn ihr von der Pest in einem Land hört, so betretet es nicht. Und wenn sie in einem Land ausbricht, in dem ihr euch aufhaltet, so verlasst es nicht.“ Und in einem anderen Hadith, der bei al-Buḫārī und Muslim tradiert wird – der Wortlaut hier ist der bei Muslim -, berichtet Usāma ibn Zaid, dass der Gesandte (s) sprach: «الطَّاعُونُ رِجْزٌ أَوْ عَذَابٌ أُرْسِلَ عَلَى بَنِي إِسْرَائِيلَ أَوْ عَلَى مَنْ كَانَ قَبْلَكُمْ فَإِذَا سَمِعْتُمْ بِهِ بِأَرْضٍ فَلَا تَقْدَمُوا عَلَيْهِ وَإِذَا وَقَعَ بِأَرْضٍ وَأَنْتُمْ بِهَا فَلَا تَخْرُجُوا فِرَاراً مِنْهُ»„Die Pest ist eine Strafe, die über die Kinder Israels oder jene geschickt wurde, die vor euch waren. Wenn ihr hört, dass sie in einem Land ausgebrochen ist, so nähert euch diesem nicht. Und wenn sie in einem Land ausbricht, in dem ihr euch aufhaltet, so verlasst es nicht, um davor zu flüchten.“ In einer weiteren Überlieferung bei al-Buḫarī berichtet ʿĀʾiša (r), die Ehefrau des Gesandten (s): Ich fragte den Gesandten Allahs (s) nach der Pest und er antwortete mir: «أَنَّهُ عَذَابٌ يَبْعَثُهُ اللَّهُ عَلَى مَنْ يَشَاءُ وَأَنَّ اللَّهَ جَعَلَهُ رَحْمَةً لِلْمُؤْمِنِينَ لَيْسَ مِنْ أَحَدٍ يَقَعُ الطَّاعُونُ فَيَمْكُثُ فِي بَلَدِهِ صَابِراً مُحْتَسِباً يَعْلَمُ أَنَّهُ لَا يُصِيبُهُ إِلَّا مَا كَتَبَ اللَّهُ لَهُ إِلَّا كَانَ لَهُ مِثْلُ أَجْرِ شَهِيدٍ»„Es ist eine Strafe, die Allah über wen Er will kommen lässt. Für die Gläubigen hat sie Allah zu einer Barmherzigkeit gemacht. Jeder, in dessen Land die Pest ausbricht, er darin ausharrt und standhaft auf Allahs Belohnung hofft im Wissen, dass ihn nichts treffen wird, außer dem, was Allah für ihn festgeschrieben hat, dem steht der gleiche Lohn zu wie einem Märtyrer.“
Es handelt sich hier also um eine Art Quarantäne - in einem Staat, der allen anderen Staaten weit voraus war, einem zivilisierten Staat auf höchstem Niveau. Es war ein Staat, dessen Führer der Prophet und Gesandte Allahs (s) war, der die Offenbarung erhielt und den Islam umsetzte, um als Vorbild in der Implementierung des Islam zu dienen. Ibn Haǧar erwähnte im „Fatḥ al-Bārī“, dass ʿUmar (r) nach aš-Šām reiste. Als er den Ort Sarġ erreichte, wurde ihm mitgeteilt, dass in aš-Šām eine Epidemie ausgebrochen war. Da berichtete ihm ʿAbdurraḥmān bin ʿAuf, dass der Gesandte Allahs (s) sprach: «إِذَا سَمِعْتُمْ بِهِ بِأَرْضٍ فَلَا تَقْدَمُوا عَلَيْهِ، وَإِذَا وَقَعَ بِأَرْضٍ وَأَنْتُمْ بِهَا فَلَا تَخْرُجُوا فِرَارًا مِنْهُ»„Wenn ihr in einem Land von der Pest hört, so betretet es nicht. Und wenn sie in einem Land ausbricht, in dem ihr euch aufhaltet, so verlasst es nicht, um davor zu flüchten.“ Daraufhin machte ʿUmar ibn al- Ḫaṭṭāb kehrt, d. h., nachdem er die Nachricht von der sich ausbreitenden Pest erhielt, trat er mit den Muslimen die Heimkehr an.
Demzufolge hat der Staat im Islam dafür zu sorgen, dass die Krankheit dort eingegrenzt wird, wo sie ausgebrochen ist. Die dort lebenden Bewohner sollen im Ort bleiben, ohne dass jemand von außen hineinkommen darf. Der Staat muss also seiner islamrechtlich festgelegten Verpflichtung nachkommen, denn es handelt sich um einen Staat mit Betreuungs- und Fürsorgepflicht. Ebenso wie er bei Ausbruch von infektiösen Krankheiten die genannten Maßnahmen ergreift, muss er die Gesundheitsversorgung im Bereich ärztlicher und medizinischer Behandlung für jeden einzelnen seiner Bürger sicherstellen, und das kostenlos! Des Weiteren muss der Staat für die Errichtung von Krankenhäusern und medizinischen Labors sorgen und seinen Bürgern die weiteren Grundbedürfnisse, wie Bildung und die Aufrechterhaltung der Sicherheit garantieren.
So sehen die richtigen Maßnahme aus: Die Infektionskrankheit wird in dem Ort isoliert, in dem sie ausgebrochen ist. Die Erkrankten werden unter Quarantäne gestellt, wobei ihnen die kostenlose medizinische Behandlung und Versorgung zukommt. Die Gesunden sollen aber weiterhin ihrer Arbeit nachgehen, und das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben muss weiter aufrechterhalten bleiben, so, wie es vor Ausbruch der Infektionskrankheit war. - Und nicht, dass das öffentliche Leben zum Stillstand kommt, die Menschen in ihren Häusern isoliert werden und das wirtschaftliche Leben fast vollständig gelähmt wird, sodass sich die Krise noch weiter verschärft und andere Probleme aufkommen.
Drittens: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Erdölpreise und in der Folge auf die globale Wirtschaft:
Auch ohne Pandemie hatte sich das globale Wirtschaftswachstum bereits verlangsamt…. Wie dann, wenn die weltweiten Maßnahmen auf eine umfassende Quarantäne hinsteuern und auf eine teilweise oder vollständige Isolierung? Diese Maßnahmen werden die weltweite Rezession der Wirtschaft verstärken, wenn sie nicht sogar zum totalen Kollaps führen:
Das Virus hat die globalen Handelstätigkeiten gelähmt und zu einem massiven Einbruch der Erdölpreise geführt, die sich inzwischen auf sehr niedrigem Niveau bewegen. In der Folge ist ein erbitterter Preiskampf zwischen Russland und Saudi-Arabien entflammt, da Moskau gezwungen war, die Erdöl-Fördermenge zu erhöhen. Das Erdöl ist nämlich ein wichtiges wirtschaftliches Standbein für das Land. Die Amerikaner aktivierten daraufhin Saudi-Arabien, um die Ölproduktion zu steigern und damit Russland entgegenzutreten. Den Russen drohte Präsident Trump am 19.03.2020 mit den Worten, er werde „zu gegebener Zeit in den Preiskrieg zwischen Saudi-Arabien und Russland eingreifen.“ (Al-Hurra, 19.03.2020) Denn Saudi-Arabien liefert sich - zugunsten der USA - einen Krieg um Marktanteile mit Russland. Das alles geschieht, nachdem in diesem Monat das einstige Abkommen zur Drosselung der Ölproduktion (Opec Plus), das drei Jahre lang hielt, in sich zusammenbrach. Beide Staaten pumpen nun mit Hochdruck Erdöl auf den Markt, in einer Zeit, in der aufgrund der Corona-Pandemie die weltweite Nachfrage massiv zurückgegangen ist. Das führte in dieser Woche zu einem Preissturz, der den niedrigsten Stand seit zwanzig Jahren erreichte, sodass der Wert für die Brent-Mix Futures auf 28,75 Dollar pro Barrel sank. Und obwohl sich die Russen der Verbindung Saudi-Arabiens mit den USA bewusst sind, erklärte Rosneft-Sprecher Mikhail Leontyev gegenüber der russischen Nachrichtenagentur: „Die gesamten Erdölmengen, die aufgrund des mehrmals verlängerten Opec Plus-Abkommens gedrosselt wurden, wurden komplett und rasch auf dem Weltmarkt durch das amerikanische Schieferöl kompensiert.“ (Reuters, 08.03.2020) Doch es gelang Moskau nicht, irgendeine Maßnahmen dagegen zu ergreifen. Mehr noch: Saudi-Arabien verschärfte die Krise mit Russland, indem es beschloss, das einstige Abkommen (zur Reduzierung der Fördermengen um 2,1 Millionen Barrel) nicht weiter zu verlängern und die Produktion hochzufahren: Die Erdölpreise verloren am Montag bis zu einem Drittel ihres Wertes, was den größten Tagesverlust seit dem Golfkrieg 1991 bedeutet. (…) So fielen die Brent-Rohöl-Futures um 22 Prozent auf 37,05 Dollar pro Barrel, nachdem sie zuvor um 31 Prozent auf 31,02 Dollar pro Barrel gesunken waren, dem niedrigsten Stand seit dem 12. Februar 2016. (Reuters, 09.03.2020) Zudem senkte Russland auch noch den Erdölpreis für seine Kunden in Asien um sechs US-Dollar!
Heute sucht Russland nach einem Weg, um zum Opec-Plus-Abkommen zurückzukehren und zeigt sich einer erneuten Reduzierung der Ölfördermenge gegenüber flexibel!
Und so ist die Weltwirtschaft aufgrund der Corona-Pandemie und des Einbruchs der Erdölpreise massiv erschüttert worden. Sollte dieser Zustand anhalten, könnte die Weltwirtschaft tatsächlich am Rande des Abgrunds stehen.
Viertens: Ist ein Verbot des Freitags- und Gemeinschaftsgebets in den Moscheen zulässig?
Das Freitags- und Gemeinschaftsgebets darf im Falle einer Epidemie nicht generell ausgesetzt werden. Vielmehr müssten die Kranken isoliert und am Betreten der Moscheen zur Verrichtung des Gemeinschafts- bzw. Freitagsgebets gehindert werden. Es müssten alle zur Verfügung stehenden Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen zum Einsatz kommen und wenn nötig Mundschutzmasken und Ähnliches getragen werden. Danach sollte das Freitags- und Gemeinschaftsgebet von den Gesunden weiter aufrechterhalten werden. Wenn nötig, müssen sich medizinische Teams vor die Moscheen stellen, um bei Bedarf Moscheegänger zu untersuchen, bei denen der Vedacht auf eine Infektion besteht. Eine solche Maßnahme könnte also zum Einsatz kommen, ohne das Freitags- und Gemeinschaftsgebet in den Moscheen für die Gesunden unter den Muslimen vollständig zu untersagen. Denn in den islamrechtlichen Beweisen, die sich auf die Freitags- und Gemeinschaftsgebete beziehen, lassen sich keine Hinweise auf eine dauerhafte Einstellung dieser Gebete finden. Zur Durchführung des Freitags- bzw. Gemeinschaftsgebets wird keine große Anzahl Betender vorausgesetzt, wie wir aufzeigen werden. Manche Muslime sind aus Gründen, die sie betreffen, von der Teilnahme entschuldigt. Im Einzelnen stellt sich die Angelegenheit wie folgt dar:
1. Was das Gemeinschaftsgebet betrifft, so handelt es sich um einen farḍ kifāya, d. h. um eine kollektive Pflicht, die zur Genüge erfüllt werden muss:
Das Gemeinschaftsgebet gilt als eine Pflicht, die zur Genüge erfüllt werden muss und für die Menschen öffentlich wahrnehmbar zu sein hat. So berichtet Abū ad-Dardāʾ, dass der Gesandte Allahs (s) sagte: «مَا مِنْ ثَلَاثَةٍ فِي قَرْيَةٍ وَلَا بَدْوٍ لَا تُقَامُ فِيهِمْ الصَّلَاةُ إِلَّا قَدْ اسْتَحْوَذَ عَلَيْهِمْ الشَّيْطَانُ، عَلَيْكَ بِالْجَمَاعَةِ فَإِنَّمَا يَأْخُذُ الذِّئْبُ مِنَ الْغَنَمِ الْقَاصِيَةَ»„Wenn sich drei Leute in einem Dorf oder in der Wüste aufhalten und kein Gemeinschaftsgebet unter ihnen verrichtet wird, dann hat sich der Teufel ihrer bemächtigt. So halte dich an die Gemeinschaft, denn der Wolf reißt nur das streunende Tier.“ Bei Abū Dāwūd in einer Kette tradiert, die als ḥasan gilt. Hier geht es um das Gemeinschaftsgebet, welches eine kollektive Pflicht, ein fard kifāya, ist. So verpassten einmal einige Muslime das gemeinschaftliche Gebet mit dem Gesandten (s). Nachdem der Prophet (s) ihnen mit dem Verbrennen drohte, ließ er von ihnen ab. Al-Buḫārī überliefert von Abū Huraira, dass der Gesandte Allahs (s) sprach: «وَالَّذِي نَفْسِي بِيَدِهِ لَقَدْ هَمَمْتُ أَنْ آمُرَ بِحَطَبٍ فَيُحْطَبَ ثُمَّ آمُرَ بِالصَّلَاةِ فَيُؤَذَّنَ لَهَا ثُمَّ آمُرَ رَجُلاً فَيَؤُمَّ النَّاسَ ثُمَّ أُخَالِفَ إِلَى رِجَالٍ فَأُحَرِّقَ عَلَيْهِمْ بُيُوتَهُمْ وَالَّذِي نَفْسِي بِيَدِهِ لَوْ يَعْلَمُ أَحَدُهُمْ أَنَّهُ يَجِدُ عَرْقاً سَمِيناً أَوْ مِرْمَاتَيْنِ حَسَنَتَيْنِ لَشَهِدَ الْعِشَاءَ»„Bei Dem, in dessen Hand meine Seele liegt, ich war im Begiff, Brennholz sammeln zu lassen, das Gebet mit dem Gebetsruf anzubefehlen, einen Mann anzuweisen, das Gebet für die Menschen zu leiten, und mich dann zu Leuten zu begeben und ihre Häuser über sie in Brand zu setzen. Denn bei Dem, in dessen Hand meine Seele liegt, wenn einer von ihnen weiß, dass er einen deftigen Fleischknochen oder ein zartes Huffleischpaar vorfinden wird, würde er dem Nachtgebet beiwohnen.“
Wenn das Gemeinschaftsgebet eine individuelle Pflicht für jeden Muslim gewesen wäre, hätte der Gesandte (s) nicht von ihnen abgelassen. Hier ging es um das Gemeinschaftsgebet, da explizit ʿišāʾ, das Nachtgebet, erwähnt wird. Für das Zustandekommen eines Gemeinschaftsgebets sind zwei Personen nötig, die aus dem Vorbeter (Imam) und mindestens einem Mitbetenden bestehen. Dies geht aus dem Hadith von Mālik bin al-Ḥuwairiṯ hervor, der sagte:«أَتَيْتُ النَّبِيَّ صلى الله عليه وسلم أَنَا وَصَاحِبٌ لِي فَلَمَّا أَرَدْنَا الْإِقْفَالَ مِنْ عِنْدِهِ قَالَ لَنَا إِذَا حَضَرَتْ الصَّلَاةُ فَأَذِّنَا ثُمَّ أَقِيمَا وَلْيَؤُمَّكُمَا أَكْبَرُكُمَا»„Ich kam zusammen mit einem Gefährten von mir zum Propheten (s). Als wir zu gehen beabsichtigten, sagte er uns: „Wenn die Gebetszeit gekommen ist, so ruft den aḏān und danach die iqāma, und der Ältere von euch beiden soll das Gebet leiten.“ (Bei Muslim tradiert) Das Entfallen des Gemeinschaftsgebets (in der Moschee) wäre nur durch einen islamrechtlichen Grund, der auf einem Offenbarungstext basiert, gerechtfertigt. Dies wäre bei einer kalten oder regnerischen Nacht gegeben, was auf einen bei al-Buḫarī überlieferten Hadith zurückzuführen ist. Darin heißt es, dass der Prophet (s) «كَانَ يَأْمُرُ مُؤَذِّناً يُؤَذِّنُ ثُمَّ يَقُولُ عَلَى إِثْرِهِ أَلَا صَلُّوا فِي الرِّحَالِ فِي اللَّيْلَةِ الْبَارِدَةِ أَوْ الْمَطِيرَةِ فِي السَّفَرِ»„dem Gebetsrufer aufzutragen pflegte, den aḏān zu rufen und bei einer kalten oder regnerischen Nacht auf Reisen am Ende zu sagen: „Betet in den Lagerstätten!“
2. Was das Freitagsgebet betrifft, so handelt es sich um eine individuelle Pflicht, d. h. um einen fard ʿain und fällt nur dann aus, wenn ein gerechtfertigter Entschuldigungsgrund (ʿuḏr) vorliegt. Dazu gibt es zahlreiche Belege. Hierzu gehören:
Die Worte Allahs:
﴿إِذَا نُودِي لِلصَّلاَةِ مِنْ يَوْمِ الْجُمُعَةِ فَاسْعَوْا إِلَى ذِكْرِ اللَّهِ وَذَرُوا الْبَيْعَ﴾
„Wenn zum Freitagsgebet gerufen wird, dann eilt zu Allahs Gedenken und unterlasst den Handel.“ (62:9)
Der Befehl in der āya hat verpflichtenden Charakter, und zwar aufgrund des juristischen Indizes (qarīna), dass dabei eine erlaubte Tätigkeit (nämlich der Handel) untersagt wird, wodurch die apodiktische Natur der Aufforderung belegt ist. Al-Ḥākim überlieferte im „al-Mustadrak ʿalā aṣ-Ṣaḥīḥain“, dass Ṭāriq ibn Šihāb von Abū Mūsā berichtete, dass der Gesandte (s) sprach: «الْجُمُعَةُ حَقٌّ وَاجِبٌ عَلَى كُلِّ مُسْلِمٍ فِي جَمَاعَةٍ إِلَّا أَرْبَعَةٌ: عَبْدٌ مَمْلُوكٌ، أَوِ امْرَأَةٌ، أَوْ صَبِيٌّ، أَوْ مَرِيضٌ»„Das Freitagsgebet stellt eine obligatorische Pflicht für jeden Muslim in einer Gemeinschaft dar, mit Ausnahme von vieren: einem Sklaven, einer Frau, einem Knaben und einem Kranken.“ Al-Hākim sagte: „Es ist ein ḥadīṯ ṣaḥīḥ nach den Bedingungen al-Buḫārīs und Muslims.“ Auch ist jemand, der Angst hat, von dieser Pflicht entbunden, und zwar aufgrund eines Berichts von Ibn ʿAbbās (r), in dem der Gesandte sprach:«مَنْ سَمِعَ النِّدَاءَ فَلَمْ يُجِبْهُ فَلَا صَلَاةَ لَهُ إلَّا مِنْ عُذْرٍ، قَالُوا: يَا رَسُولَ اللهِ وَمَا الْعُذْرُ؟ قَالَ: خَوْفٌ أَوْ مَرَضٌ»„Wer den Gebetsruf hört und ihm nicht folgt, dessen Gebet ist ungültig, außer er hat eine Entschuldigung.“ Sie fragten: „O Gesandter Allahs, und welche Entschuldigung gibt es?“ Er antwortete: „Angst oder Krankheit.“ Überliefert in „as-Sunan al-kubrā“ von al-Baihaqī. Somit ist das Freitagsgebet für jeden einzelnen Muslim obligatorisch, mit Ausnahme jener, die aufgrund eines Offenbarungstextes explizit ausgenommen sind. Für jeden anderen gilt das Freitagsgebet als individuelle Pflicht (farḍ ʿain). Die islamrechtlich gültigen Entschuldigungsgründe sind dargelegt worden, wobei eine Rechtsanalogie (qiyās) nicht darauf gezogen werden darf. Denn der islamrechtliche Entschuldigungsgrund (ʿuḏr) ist allein jener, für den ein islamrechtlicher Textbeleg vorhanden ist. Und im Bereich der ʿibādāt, der gottesdienstlichen Handlungen, ist die Rechtsanalogie (qiyās) ohnehin nicht zulässig, weil hierzu kein einziger Offenbarungstext ergangen ist, der eine ʿilla, d. h. einen Rechtsgrund, beinhaltet, um eine Rechtsanalogie überhaupt vollziehen zu können.
Bedingung für das Zustandekommen des Freitagsgebets ist, dass es in einer Anzahl (ʿadad) von Muslimen abgehalten wird. So besteht der Konsens der Prophetengefährten (iğmāʿ aṣ-ṣaḥāba) darüber, dass für das Freitagsgebet eine Anzahl von Personen erforderlich ist. - Eine Anzahl muss also vorhanden sein. Jedoch wurde keine bestimmte Zahl vorausgesetzt, vielmehr kann das Freitagsgebet mit jeder beliebigen Personenzahl, die als Gemeinschaft (ğamāʿa) zu bezeichnen wäre und als „Anzahl“ gilt, abgehalten werden, solange diese Anzahl als „eine Gemeinschaft“ (ğamāʿa) erachtet werden kann. Dass es sich um eine Gemeinschaft handeln muss, wird durch den zuvor erwähnten und von Ṭāriq überlieferten Hadith belegt: «الْجُمُعَةُ حَقٌّ وَاجِبٌ عَلَى كُلِّ مُسْلِمٍ فِي جَمَاعَةٍ»„Das Freitagsgebet stellt eine obligatorische Pflicht für jeden Muslim in einer Gemeinschaft dar.“ Und dass es sich um eine Anzahl (ʿadad) handeln muss, steht mit dem Konsens der Prophetengefährten fest, wobei kein anerkannter Hadith ergangen ist, der für das Freitagsgebet eine bestimmte Anzahl belegen würde. Nachdem aber eine „Gemeinschaft“ und eine „Anzahl“ erforderlich sind und dies nur bei drei und mehr Personen der Fall ist, weil zwei Personen nicht als Anzahl einer Gemeinschaft bezeichnet werden, sind daher mindestens drei Personen, die zum Freitagsgebet verpflichtet sind, notwendig, damit ein gültiges Freitagsgebet stattfinden kann. Sollten es weniger als drei Personen sein, ist es nicht gültig und kann nicht als Freitagsgebet bezeichnet werden, da die Teilnehmerzahl nicht ausreichend wäre. Durch den Konsens der Prophetengefährten (iǧmāʿ aṣ-ṣaḥāba) steht nämlich fest, dass das Freitagsgebet eine „Anzahl“ erfordert.
Demnach würde in einem Kalifat das Freitags- oder Gemeinschaftsgebet nicht ausfallen. Vielmehr bleiben die Personen, deren Abwesenheit islamrechtlich gerechtfertigt ist, dem Gebet fern, während der Rest teilnimmt. Hier darf nicht behauptet werden, dass dann mit überwiegender Annahme alle der Gefahr einer Ansteckung ausgesetzt wären und man sich vor der Ansteckung nicht schützen könne, egal welche Vorkehrungen und Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Denn diese Wahrscheinlichkeit ist als gering anzusehen, zumal die Mindestzahl für das Gemeinschaftsgebet bei zwei und für das Freitagsgebet bei drei Personen liegt, und das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben sein. Selbst wenn man von ihrer Annahme ausginge, würde sie ausschließlich im betroffenen Gebiet gelten (und nicht anderswo). Aufgrund dessen muss die Angelegenheit mit aller erforderlichen Präzision und Redlichkeit reguliert werden. Ist also die Anzahl mit überwiegender Annahme erreicht, darf man das Freitags- und Gemeinschaftsgebet nicht aussetzen, sondern muss sämtliche Vorkehrungen und Vorsichtsmaßnahmen treffen. Denn Schutz bedeutet nicht, von einer Pflicht abzulassen. Vielmehr muss man sie vollziehen, aber gleichzeitig alle Vorkehrungen und Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, um eine Ansteckung zu verhindern.
Dies ist der Rechtsspruch, der mit überwiegender Annahme in dieser Frage gilt. Wenn also der Staat die Moscheen schließt, ohne die höchstmögliche Anstrengung zu unternehmen, um die überwiegende Annahme tatsächlich zu ermitteln, und er in der Folge den Menschen verbietet, die Moscheen zur Verrichtung der Freitags- und Gemeinschaftsgebete zu besuchen, so begeht er dafür, dass er das Freitags- und Gemeinschaftsgebet ausgesetzt hat, eine schwere Sünde.
Abschließend sei gesagt: Es ist wirklich schmerzhaft, dass die Regenten in der islamischen Welt den kolonialistischen Ungläubigen bei deren Schritten Elle um Elle und Handspann um Handspann folgen. Wenn diese kolonialistischen Staaten bei der Bekämpfung einer bestimmten Krankheit im Dunklen tappen, folgen sie ihnen. Und wenn diese eine Lösung vorschlagen, selbst wenn sie nicht rechtens ist, applaudieren die Herrscher in der islamischen Welt den kolonialistischen Staaten und erachten deren Lösung als Heil und Labung! Es ist wirklich schmerzhaft, dass diese Corona-Epidemie über Land und Leute Stagnation und Stillstand bringt, sodass das öffentliche Leben fast vollständig zum Erliegen gekommen ist. Dabei haben die muslimischen Länder ähnliche Situationen oft durchlebt. So wurden sie von der Pest heimgesucht, während sie im Jahre 18 der Hiǧra einen erbitterten Krieg gegen die Römer in der Levante (aš-Šām) führten. Auch wurde die Umma Mitte des sechsten Jahrhunderts nach der Hiǧra von der Krankheit „aš-Šaqafa“ - heute unter dem Namen „al- Ğamra“ (Karbunkel) bekannt - heimgesucht. Sie breitete sich damals von aš-Šām bis nach Marokko aus. Heute rechnet man sie den Geschwüren zu, die durch eine Infektion der Haut mit Staphylococcus-Bakterien ausgelöst werden. Und Mitte des achten Jahrhunderts nach der Hiğra (749 n. H.) wurde die Umma von der sogenannten Großen Pest in Damaskus heimgesucht. In all diesen Fällen wurde keine Moschee geschlossen, und die Freitags- und Gemeinschaftsgebete wurden nicht ausgesetzt. Auch wurden die Menschen nicht in ihre Häuser gesperrt, sondern die Kranken isoliert, während die Gesunden ihrer täglichen Arbeit nachgingen, den ǧihād vollzogen und ihr Land bestellten. Sie besuchten die Moscheen, verrichteten die Gebete und richteten ihre Bittgebete an Allah, dass Er sie vor Übel und Krankheit beschützen möge. Parallel dazu hat man den Erkrankten die erforderliche medizinische Behandlung zukommen lassen.
Das ist die Wahrheit.
﴿فَمَاذَا بَعْدَ الْحَقِّ إِلَّا الضَّلَالُ﴾
„Und was kann es jenseits der Wahrheit geben außer Irrtum?“ (10:32)